7. August 2019

Zurück in die 1960er: AfD will Hamburgs einzige "Autofahrerpartei" sein

Back to the sixties: AfD to be Hamburg´s only motorists party

Aktualisiert um 19:04 Uhr
Wahlplakat mit Ex-Innensenator Dirk Nockemann: Populismus statt Verkehrspolitik - © Stefan Warda


Im Sommerinterview des NDR bekennt sich Ex-Innensenator und Hamburgs AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzender Dirk Nockemann weiterhin zum Leitbild der autogerechten Stadt. Die AfD will - ähnlich wie früher schon die ehemalige Partei rechtsstaatlicher Offensive (auch "Schill-Partei" genannt) - Autofahrerinteressen gegen alle anderen Verkehrsteilhabenden durchsetzen.

[...] dass wir auch die Politik, die im Moment gegen den Autofahrer in dieser Stadt gerichtet ist, dass wir diese ins Programm aufnehmen und diese Politik korrigieren wollen, also dass wir deutlich machen, dass wir in Hamburg die einzige Autofahrerpartei sind, die es noch gibt.

Populismus statt Verkehrspolitik

Dirk Nockemann war unter Bürgermeister Ole von Beust Büroleiter von Innensenator Ronald Schill. Später nach Schills Austritt aus dem Senat wurde er selbst Innensenator. Zu dieser Zeit verfolgte die Hamburger Innenbehörde das Ziel dem Autoverkehr Vorrang vor anderen Verkehrsträgern zu geben. So wurde beispielsweise eine "Pollerhotline" eingerichtet mit dem Ziel, Flächen für Stehzeuge zu gewinnen, die zuvor gegen das Wildparken geschützt waren.


Behringstraße: Die unter "Schill-Partei" entfernten Absperrelemente wurder später wieder angebracht, um den Radweg gegen Wildparker zu verteidigen - © Stefan Warda

Behringstraße - © Stefan Warda

Zahllose Absperrelemente auf Grünflächen und Gehwegen wurden damals entfernt, um illegales Kampfparken zu ermögliches. In der Behringstraße wurden damals zahllose Absperrelemente entfernt, die Jahre später wieder auf Klagen von Radfahrenden installiert wurden, um den dortigen Radweg gegen Wildparker zu schützen.

Auch wurden auf vormals abgepollerten Gehwegflächen neue legale Parkplätze geschaffen und dabei Gehwegflächenanteile für den Fußverkehr erheblich minimiert. Im Bezirk Altona wollte die Partei rechtsstaatlicher Offensive gegen die über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus bekannten Fahrradhäuschen vorgehen, auf deren Flächen Platz für Stehzeuge zu schaffen.




Hamburg wurde unter Beteiligung der Partei rechtsstaatlicher Offensive Deutschlands "Grünpfeil"-Hauptstadt unter der Maßgabe, dass die verkehrsrechtlichen Voraussetzungen bzw. Anforderungen für die Anbringung von Grünpfeilen missachtet wurden. Mittlerweile wurden etliche der Grünpfeile wieder entfernt, um die Verkehrssicherheit für Gehende und Radfahrende, aber auch den MIV, an zahlreichen Kreuzungen wieder zu verbessern und die Regelwerke durchzusetzen.

Das Tempolimit auf etlichen innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen wurde auf 60 km/h heraufgesetzt.

Die Innenbehörde unterstützte das Kampffahren in Hamburg, indem sie Geschwindigkeitsüberschreitungen erst ab einem erhöhtem Toleranzwert sanktionierte. Im Zusammenhang mit dem höheren Tempolimit ergaben sich dadurch erheblich höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten auf Hamburgs Hauptstraßen - mit allen Nebenwirkungen wie z.B. Lärm, Verkehrsunsicherheit, Schadstoffbelastung, Trennwirkung.

Die von Senator Mario Mettbach ("Schill-Partei") geleitete Baubehörde beendete den Bau der Velorouten und reduzierte den Hamburger Radverkehrsetat auf ein extremes Minimum. Der Begriff "Velorouten" wurde behördlicherseits nicht mehr verwendet. Die Stelle der Radverkehrsbeauftragten wurde aufgelöst.

Klimaschutz

Der jetzige AfD-Landesvorsitzende macht es sich auch zum Thema Klimaschutz sehr einfach. Zwar sei der Klimaschutz ein dringliches Thema, aber er hält Verbote und Abgaben wie eine mögliche CO2-Steuer für falsch. Er setzt dagegen auf irgendwelche nicht näher erläuterten visionäre Technologien.

Das Thema Klimaschutz ist ein sehr dringliches Thema. Wir brauchen technologischen Wandel. Wir brauchen massive Innovation. Wir müssen nicht die Kurzstreckenflüge verbieten. Das ist wieder so´ne Bevormundungsgesellschaft. Das schadet Airbus in Hamburg beispielsweise. Sondern was wir brauchen, das sind zum Beispiel klimaneutrale Treibstoffe auch für Flugzeuge, ja. Also wir setzen einfach auf Technik, auf Innovation und ´ne CO2-Abgabe halten wir also für - darf ich auch so offen sagen - für eine Abzocke.

Im Vergleich zu Grünen, SPD und CDU besetzt die AfD zum Wahlkampf ein noch leeres Feld. Denn die anderen Parteien wollen den Stadtverkehr mehr oder weniger anders verändern. Die CDU will den Autoverkehrsanteil in Hamburg auf nur noch 15 Prozent reduzieren, die Grünen auf lediglich 20 Prozent, die SPD will den ÖV massiv ausbauen.


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