21. April 2020

Hamburg: Einigung zwischen der Initiative Radentscheid und dem Senat

Senat agrees with Radentscheid Hamburg: Copenhagen style cycle paths instead of cycle lanes


Laut Radentscheid soll es zukünftig entlang von Hauptverkehrsstraßen Radwege nach Kopenhagener Vorbild mit baulicher Trennung zum Fußverkehr geben - © Stefan Warda


Die Volksinitiative Radentscheid Hamburg hat sich nach langen Verhandlungen mit den Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen auf die Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs geeinigt. Dieser soll voraussichtlich im Mai in der Bürgerschaft beschlossen werden. Die Initiative sieht es als Erfolg an, dass hiermit ein Teil der Ziele umgesetzt wird, die letztes Jahr von über 22.000 in Hamburg Lebenden unterstützt wurden. Das Volksgesetzgebungsverfahren soll als Teil der Einigung beendet und nicht mit einem Volksbegehren fortgeführt werden. Die Initiative will sich jedoch auch in Zukunft für weitergehende Verbesserungen einsetzen, da einige ihrer Forderungen nicht durchgesetzt werden konnten.
Die Initiative war mit dem Ziel angetreten, ein dichtes und barrierefreies Radwegenetz zu schaffen, das allen Menschen in Hamburg die Wahl des Fahrrads als Verkehrsmittel ermöglicht, auch denen, die das Fahrrad wegen Radfahrstreifen ohne bauliche Trennung zum motorisierten Verkehr nicht benutzen möchten.

Die wesentlichen Erfolge zusammengefasst:
  • Schulradwege und Evaluation: In der Radvekehrsstrategie für Hamburg sollen die Belange von Kindern, Schülerinnen, Schülern und Älteren als Primat festgeschrieben werden. Dies soll durch Einrichten bezirklicher Schulradwege unter Einbeziehung von Schulbehörde und Schulen und durch Evaluationen, die im 4-Jahresturnus stattfinden sollen, sichergestellt werden.
  • Radwege an Hauptstraßen: Diese sollen nach Kopenhagener Vorbild, d.h. mit baulicher Trennung zum Fuß- und zum Kfz-Fließverkehr, gebaut werden.
  • Fahrradstraßen: Sie sollen regelhaft daraufhin geprüft werden, wie dort Kfz-Durchgangsverkehr unterbunden werden kann und sollen auf Velorouten abseits von Hauptstraßen zur neuen Regelform werden.
  • Kreuzungen: Es soll einen Planungsstopp für Radfahrstreifen bzw. Radspuren in Mittellage zwischen anderen Fahrspuren geben. Bestehende derartige Führungen sollen rot eingefärbt werden, um das Risiko für Radfahrende zu minimieren. Außerdem soll es an Kreuzungen engere Kurvenradien geben, um die Abbiegegeschwindigkeit der Kfz zu senken. Rechtsabbiegergrünpfeile für den Radverkehr sollen eingeführt werden.
  • Baustellengestaltung: Sie soll in Zukunft die Belange des aktiven Rad- und Fußverkehrs stärker berücksichtigen.


Habichtstraße / Bramfelder Straße: Laut Radentscheid sollen solche Führungsformen an Kreuzungen nicht mehr gebaut werden. Vorhande sollen rot eingefärbt werden - © Stefan Warda



Bei folgenden Bereichen soll es keine Einigung zwischen Radentscheid und Senat gegeben haben:
  • Die untere Verkehrsbehörde soll weiterhin in der Zuständigkeit der Polizei bleiben und nicht in die der Bezirke zu überführt werden. Eine Trennung der Verantwortlichkeit für die Planung der Verkehrsmaßnahmen und die nachfolgende Überwachung ihrer Sicherheit soll weiterhin nicht möglich werden.
  • Die geplanten Radwege nach Kopenhagener Vorbild sollen keinen echten Schutz zum Kfz-Verkehr erhalten.
  • Hamburg soll sich nicht an Modellprojekten mit geschützten Kreuzungen nach niederländischen Modell beteiligen wollen.         
  • Die geplanten Radschnellwege sollen weiterhin nicht bis in die Innenstadt geführt werden. Auch eine Ringverbindung soll nicht als Radschnellweg umgesetzt werden.
  • Zusagen über Finanzmittel, zu bauende Streckenlängen und zeitlich definierte Ziele sollen nicht erreicht worden sein.          



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2 Kommentare:

  1. Da hat der Radentscheid - bei allen wohlfeilen Formulierungen - ja schön auf Granit gebissen. So wie seit 20 Jahren in dieser Stadt schon etliche Radverkehrsaktivisten vor ihm. Man könnte auch sagen, er ist zwar durch die Dachluke bei der Politik ganz oben eingestiegen, nun aber unten bei den Mühen der Ebene angekommen. Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
    Einzig der Verzicht auf neue Radfahrstreifen in Mittellage ist einigermaßen verbindlich formuliert. Alle anderen "Vereinbarungen" sind unter Verwendung der bekannten Relativierungsfloskeln (nach Möglichkeit, in der Regel, soll-Formulierungen, nach Bedarf, Rücksicht auf Busverkehr etc.) und bei weitgehender Vermeidung zeitlicher Verbindlichkeit dermaßen dehnbar gefasst, dass kaum von etwas Handfestem die Rede sein kann. Das reiht sich ein in die Papiere Radverkehrsstrategie, Bündnis für den Radverkehr, Veloroutenkonzept, die wir schon seit vielen Jahren haben und die alle hinter den in sie gesteckten Erwartungen geblieben sind. Alleine aufgrund dieser neuen Vereinbarung wird sich in der Praxis nichts ändern, in jedem Einzelprojekt wird das mühsame Gefeilsche um jeden Zentimeter Straßenraum, um jeden Parkplatz, um jede Tempobegrenzung, weitergehen.
    Am wichtigsten ist wohl noch, dass der Zeitpunkt der Vereinbarung kurz vor Beginn der Koalitionsverhandlungen den Grünen - vielleicht? - mehr Verhandlungsgewicht gibt. Erst wenn hierbei neue Ressortzuschnitte erfolgen und alte Köpfe (auch in der Verwaltung!) ausgetauscht werden, d.h. die Spiele der klassischen Macht-(und nicht Sach-)politik geschickt gespielt sind, sind ernsthafte Verbesserungen überhaupt zu erwarten. Finden die Grünen nicht aus ihrer Junior-Rolle heraus, bleibt auf jeden Fall alles beim Alten. Schenken wird ihnen die SPD trotz aller per-du-Freundlichkeiten jedenfalls nix. Und selbst wenn das gelingt, müssen die Grünen, frei nach Tschentscher, nicht nur liefern wollen, sondern auch liefern können. Ich bin gespannt.

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    1. Sehr schöne Zusammenfassung. sehe ich genauso. Danke für den Stichpunkt mit dem "Verhandlungsgewicht in den Koa-Verhandlungen" -- das könnte der einzige kleine Lichtblick sein, der noch einen kleinen Rest von Hoffnung gibt (und diese stirbt ja bekanntlich zuletzt).

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