1. März 2020

Hamburg-Eimsbüttel: Bald "Buffered Bike Lanes" für Hallerstraße und Beim Schlump?

Hamburg Eimsbüttel: "Bufferd bike lanes" along Hallerstraße and Beim Schlump?

Aktualisiert um 17:59 Uhr

Hallerstraße, zukünftige Bezirksroute D - © Stefan Warda


Es gibt in Hamburg immer noch einige vierspurige Hauptverkehrsstraßen, die (zumindest teilweise oder überwiegend) keine Radverkehrsanlagen aufweisen. Neben der Winsener Straße (ca. 30.000 - 40.000 Autos je Tag) im Bezirk Harburg, wo der Radverkehrsanteil unter dem Hamburger Durchschnitt liegt, trifft dies u.a. aber auch auf Straßen im Bezirk Eimsbüttel zu, wo der Radverkehrsanteil besonders hoch liegt. Unmittelbar an universitäten Einrichtungen verläuft der Straßenzug Beim Schlump (ca. 17.000 Autos je Tag) - Hallerstraße (ca. 20.000 - 30.000 Autos je Tag).

Die Bezirksversammlung Eimsbüttel hat letzten Monat einen Antrag beschlossen, der Hoffnung auf Änderung der unbefriedigenden Situation macht. Laut Antrag soll sich der Vorsitzende der Bezirksversammlung an die Verkehrsbehörde (BWVI) wenden mit der Bitte, für den Straßenzug einen zweijährigen Verkehrsversuch mit "Buffered Bike Lanes" (ggf. "Protected Bike Lanes") einzurichten. Der Verkehrsversuch soll mit einer Evaluation begleitet werden.

Der Straßenzug ist Teil der bezirklichen Veloroute D, die entsprechend der Radverkehrsstrategie für Hamburg aus dem Jahre 2008 auf Bezirksebene entwickelt worden war. In der Hallerstraße galt bis in die 1990 Jahre hinein für Radfahrende Gehwegbenutzpflicht auf beengten Gehwegen, die neben dem Fußverkehr von Stehzeugen geutzt werden und wurden. Ab der Aufhebung der Gehwegbenutzungspflicht galt die sog. "Servicelösung": Radeln auf den Gehwegen als "Gäste" bei erlaubtem Schritttempo. Seit einigen Jahren ist auch diese Lösung aufgehoben angesichts des Sinneswandels bezüglich der beengten Gehwegverhältnisse.


Hallerstraße / Brahmsallee: "Servicelösung" - © Stefan Warda

Hallerstraße / Rothenbaumchaussee: Bis in die 1990er Jahre galt hier Gehwegbenutzungspflicht, um 2010 herum immer noch erlaubtes Gehwegradeln bei Schrittempo - © Stefan Warda


Im Straßenzug Beim Schlump wurde zwischen Schröderstiftstraße / Schröderstift und Bundesstraße in Fahrtrichtung Nordosten wegen Bauarbeiten (Universität) der Radweg aufgehoben. In Fahrtrichtung Südwesten wurde der Radweg 2016 aus anderen Gründen aufgehoben, das Gehwegradeln explizit mit Verkehrszeichen 239 untersagt. Eine Alternative zu den vormals vorhandenen Fakeradwegen, die durch Stehzeuge (Radwege vollkommen im Dooringbereich) betroffen waren, wurde nicht geschaffen. 2005 war die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben worden. Fast ausnahmslos alle Radfahrenden nutzten schon bis dahin den Gehweg neben den Fakeradwegen, die unmittelbar neben den Stehzeugen lagen. 2010 wurde die Wahlfreiheit zwischen Fahrbahnradeln und Radwegradeln (auf dem Fakeradweg im Dooringbereich) zusätzlich durch Gehwegradeln bei Schritttempo ergänzt. 2016 wurde der Radweg zurückgebaut, die Stehzeuge dürften jedoch weiterhin auf dem Hochbord verbleiben.


Beim Schlump: Stehzeuge in zwei Reihen (auf dem Gehweg und am Fahrbahnrand), aber Radfahrende haben keinen gesonderten Raum - © Stefan Warda

Beim Schlump / Bundesstraße: Seit 2016 ist Radfahren auf der Nebenfläche verboten, wo es bis 2005 eine Radwegbenutzungspflicht (für Fakeradwege) noch gab - © Stefan Warda

Beim Schlump / Bundesstraße: Ab 2010 durften Radfahrende weiterhin versuchen, die Fakeradwege im Dooringbereich zu benutzen, zusätzlich durften seitdem die Gehwege bei Schritttempo beradelt werden. Die Radwegbenutzungspflicht war schon 2005 aufgehoben worden - © Stefan Warda

Beim Schlump / Kielortallee: Ehemaliger Radwegzwang für Fakeradweg - © Stefan Warda

Beim Schlump: Ehemaliger Fakeradweg im Dooringbereich von Stehzeugen beim Geomaticum - © Stefan Warda


Angesichts der Ziele verschiedener Senate, den Radverkehrsanteil deutlich zu erhöhen, kann der Abbau von Radverkehrsanlagen ohne begleitende Maßnahmen nicht als geeignete adäquate Antwort gelten. Schon 2008 hatte sich die Hansestadt mit der Radverkehrsstrategie für Hamburg zum Ziel gesetzt, den Radverkehrsanteil zu erhöhen. Bis zum Jahr 2015 sollte ein Radverkehrsanteil von achtzehn Prozent angestrebt werden. Laut Mobilität in Deutschland erreichte Hamburg 2017 allerdings erst einen Radverkehrsanteil von fünfzehn Prozent. Der bisherige rot-grüne Senat verfolgte mit dem Bündnis für den Radverkehr das Ziel, den Radverkehrsanteil "in Richtung 25 Prozent" zu steigern. Nun müssen auch für den Straßenzug Hallerstraße - Beim Schlump Taten folgen. Der Antrag aus Eimsbüttel wäre dazu ein Mittel:


Dem bezirklichen Radverkehrskonzept fehlt ein bedeutender Baustein, um eine adäquate Netzwirkung zu entfalten und den Radverkehr ausreichend zu stärken: Die Bezirksroute D ist weiterhin unvollendet. Dies betrifft insbesondere die komplette Straße „Beim Schlump“ sowie die Hallerstraße zwischen Grindelallee/Grindelberg bis zur Rothenbaumchaussee. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2015 bezeichnen Verkehrsdirektion 5 (VD 5) und Polizeikommissariat 17 (PK17) den Zustand der angesprochenen Straßen als „nicht dauerhaft tragbar“. Die Infrastruktur werde dem Sicherheitsbedürfnis der Radfahrenden nicht gerecht. Sie erzeuge Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr. VD 5 und PK 17 würden Planungen für eine durchgängige Radverkehrsführung ausdrücklich begrüßen (Drucksache Nr. 20-1226). Da die Platzverhältnisse auf der Fahrbahn beengt sind und auch die Nebenflächen keinen aus-reichenden Raum bieten, ist nicht zu erwarten, dass mithilfe einer Veränderung des Straßenquerschnitts eine Radverkehrsführung erzielt werden kann, die den Zielen der Radverkehrsstrategie des Senats entspricht. Demnach soll der Radverkehr „sicher, zügig und komfortabel“ geführt werden. Da zu erwarten ist, dass eine Neuplanung des betreffenden Abschnitts keine Verbreiterung der Fahrbahn zulässt, muss der Platz für eine künftige Radverkehrsführung zwangsläufig aus der Fahrbahn generiert werden.
Hierfür sprechen Entwicklungen innerhalb der Bevölkerung, die wir als Bezirksversammlung ernst nehmen müssen. Immer deutlicher artikulieren Bürgerinnen und Bürger für Straßen mit einem Charakter wie im betrachteten Abschnitt, dass sie sich hier auf dem Fahrrad unsicher fühlten. Der Radentscheid Hamburg über 20.000 Unterschriften gesammelt, um die Forderung nach subjektiv sicherer Infrastruktur zu unterstreichen. Auch der ADFC setzt sich für eine stärkere Berücksichtigung der subjektiven Sicherheit beim Radverkehr ein. Gleichzeitig zeigen Studien zum Überholverhalten von Autofahrerinnen und -fahrern, dass sie häufig den sich aus Gerichtsurteilen und in der künftigen StVO enthaltenen Überholabstand von mindestens 1,5 m nicht einhalten.
Wenn aufgrund der beengten Verhältnisse des betrachteten Straßenabschnitts ohnehin zwei Fahrspuren je Richtung entfallen müssen, um Platz für Radfahrstreifen in Regelmaß von 2,25 m einzurichten, so kann auch auf die komplette Breite der ehemaligen äußeren Kfz-Spur zurückgegriffen werden. Auf diese Weise kann sowohl zum ruhenden als auch zum fließenden Kfz-Verkehr hergestellt werden, um Dooringunfälle auf der einen Seite zu vermeiden und auf der anderen Seite für ausreichend subjektive Sicherheit herzustellen. Dies kann durch eine Ummarkierung der äußeren Fahrspur sowohl Richtung Rothenbaumchaussee als auch Richtung U-Bahnhaltestelle Schlump gewährleistet werden. Die Grundlage hierfür bietet der § 45 Abs. 1 Nr. 6 StVO, der Verkehrsversuche ermöglicht, um Erkenntnisse über Verkehrsflüsse und Unfallgeschehen zu gewinnen. Auf dem besprochenen Straßenzug können Buffered Bike Lanes und Protected Bike Lanes zum Einsatz kommen. Buffered Bike Lanes sorgen durch Markierung einer Sperrfläche zwischen Kfz- und Radverkehr für deutliche Überholabstände. Protected Bike Lanes tun dasselbe durch zusätzliche Einbauten. Im Zuge der vorgeschlagenen Sofortmaßnahme sollen Bushaltestellen entlang der Bezirksroute weiterhin anfahrbar bleiben. Im Zuge eines zweijährigen Modellversuchs soll der Straßenzug mithilfe dieser Komponenten für den Radverkehr aufgewertet werden. Der Verkehrsversuch soll anhand der Entwicklung von Verkehrszahlen (Rad- und Autoverkehr), von Unfalldaten und einer Umfrage zur Zufriedenheit unter Radfahrenden aber auch von Anwohnerinnen und Anwohnern evaluiert werden. Der große Vorteil: Für die vorgeschlagenen Umbauten bedarf es keiner teuren Lösung. Die Planung sollte unkompliziert auszuschreiben und sich verhältnismäßig zeitnah – durch Ummarkierungen und ggf. verhältnismäßig geringe Anpassungen der LSA-Steuerung – umsetzen lassen.

Ein früherer Verkehrsversuch mit freier Fahrt für Radfahrende bei Rotlicht wurde 2013 in der Hallerstraße beendet.


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1 Kommentar:

  1. Solange ein Senator auf SPD-Ticket für den Verkehr zuständig ist, bleiben das alles schöne grüne Träume. Da gibt es in den Koalitionsverhandlungen auf Landesebene sicher noch was zu erörtern. Hier schläge die Personalfrage mal so richtig voll auf die inhaltliche Ausrichtung der Behörde durch (wobei auch ein grüner Senator Probleme hätte, die Denke der Beamten neu auszurichten).

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