30. Oktober 2015

Köln: Die "fahrradfreundliche Stadt" will jetzt radfahrerfreundlicher werden

Cologne: The "cycle-friendly city" will become more cyclist-friendly
Aktualisiert um 13.07 Uhr

© hamburgize.com / Stefan Warda
Köln: Trotz des hohen Radverkehrsanteils von etwa 13-15% ist das Überholen langsamer Radfahrer auf solchen "Radwegen" wie auf dem Hohenzollernring unmöglich

Radverkehrsrevolution in Köln?

Köln will die Radwegbenutzungspflicht weitgehend aufheben. Das haben die Stadtparteien einmütig beschlossen. Dieser Beschluss zeigt allerdings, dass die seit vielen Jahren angeblich "fahrradfreundliche Stadt" gar nicht sehr radfahrerfreundlich gewesen ist. Denn nun steht glasklar fest, dass Köln als Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte in NRW (AGFS) Radfahrer jahrzehntelang unrechtmäßig auf unzumutbare oder unbenutzbare Radwege und Gehwege gezwungen hat. Das ist beschämend für die Organisation, die Städte "fahrradfreundlich" machen will und als "fahrradfreundliche Städte" auszeichnet.


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Behördenmühlen arbeiten langsam

Doch können Politiker den Straßenverkehrsbehörden einfach so vorschreiben die unrechtmäßigen Radwegbenutzungspflichten aufzuheben? Laut Straßenverkehrs-Ordnung entscheiden die Straßenverkehrsbehörden über die Radwegbenutzungspflicht, nicht die Politiker. Es wird noch ein langer Weg bis zur notwendigen Entschilderung in Köln sein. Ein Umdenken muss in den entsprechenden Köpfen der Behördenmitarbeiter stattfinden, und es muss ausreichend Personal für die Umsetzung der Entschilderung vorhanden sein.


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Köön, hohenzollernring: An wochenenden und in den Abendstunden sind diese "Radwege" nicht empfehlenswert, die Benutzung wegen aggressiver Partygäste eher gefährlich


Wird Köln radfahrerfreundlicher als Hamburg?

Im Vergleich mit Hamburg steht Köln beim Abbau unrechtmäßiger Radwegbenutzungspflichten schlecht da. Köln setzt will nun erst langsam umsetzen, was schon seit 1998 laut StVO vorgeschrieben ist. Hamburg ist im Vergleich mit Köln deutlich weiter, noch weiter ist aber Berlin gegangen. Dort wurde die Fahrbahn des breiten Kaiserdamms für Radler freigegeben, weil die Radwege den Kriterien für eine Radwegbenutzungspflicht nicht genügen. In Berlin steht hinter vielen Entschilderungen ein engagierter Radfahrer und Anwalt. In Köln scheint es bislang keine starke Lobby gegen die unrechtmäßigen Schilder gegeben zu haben.
Auch Hamburgs Senat hat sich laut Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben weitere Radwegbenutzungspflichten aufzuheben. Doch immer noch gibt es unbenutzbare "Radwege" entlang von Hauptverkehrsstraßen, die mit den blauen Verkehrszeichen prämiert wurden (z.B. Habichtstraße).

Die Koalitionspartner werden die Radwegebenutzungspflicht einschränken. Angeordnet werden soll sie nur noch auf Straßen, wo sie aus Sicherheitsgründen erforderlich ist, es keine gefährlichen Einmündungen gibt und die Radwege eine hinreichende Breite haben. In diesen Fällen ist stets eine gesonderte Signalisierung für den Radverkehr an Ampelanlagen vorzusehen und eine Roteinfärbung von Radwegfurten an den Knotenpunkten zu prüfen.

Mit dem Abbau der unrechtmäßigen Rad- und Gehwegbenutzungspflichten scheint es der Senat nicht so sehr genau zu nehmen, wie es der laufende Umbau der Langenhorner Chaussee beweist. Dort sollen Radler zukünftig statt auf der Fahrbahn (urspünglich gab es dort unbenutzbare Fakeradwege) auf Gehwegen radeln (VZ240).


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Kölner Ringe ohne Radwegezwang? 

Für Köln besteht nun die Hoffnung, dass die Ringe bald keinen Radwegezwang mehr haben werden. Die Radwege in den recht breiten Straßen sind dort viel zu schmal. Langsame Radler können gar nicht überholt werden, ein Unding. Es gibt extrem viele Konflikte mit Passanten, vor allem auch wegen die Einrichtung der Ringe als Partyzonen. Die Fakeradwege grenzen unmittelbar an die Außengastronomie. Das ist vollkommen unverträglich geregelt. An Kreuzungen und Querstraßen sind die Fakeradwege häufig sehr weit von der Fahrbahn abgesetzt und versteckt hinter Bäumen, Stehzeugen, Stadtwerbung und monströsen Kandelabern.


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Geisterradler wartet den Gegenverkehr ab


Doch verbessert sich die Sitaution der Radler mit Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht? Zukünftig dürften Radler auf den Ringen auf der Fahrbahn radeln, gemeinsam mit Wettrennen fahrenden Kampffahrern. Gerade die Ringe sind populär für Schaufahrten (Autorennen / Kampffahrer). Und selbst die ganz normalen Autofahrer werden sich daran gewöhnen müssen, was oft lange dauert, sich den bisher zugedachten Verkehrsraum mit Radfahrern zu teilen. Die Erfahrungen aus Hamburg zeigen, dass auf den meisten Hauptverkehrsstraßen bei aufgehobenem Radwegzwang die meisten Radler weiterhin auf Rad- oder Gehwegen radeln, statt auf der Fahrbahn. Und mit Freigabe der Fahrbahnen für die Radler werden die Radwege noch lange nicht besser. Echte Radwege wie in Kopenhagen und den Niederlanden, die auch geübte Radler sicher freiwillig gern wählen würden, stehen noch in ganz weiter Ferne für Köln - oder auch Hamburg.


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Verschenkter Straßenraum: Der Hohenzollernring ist zwar sehr breit, dennoch gibt es für Radler nur ganz wenig Raum



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