16. September 2014

Innenstadtkonzept: Unsichtbarer "Radweg" am Jungfernstieg soll weg

Invisible fake cycle track at Jungfernstieg shall be eliminated

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg: Fakeradweg mit Stealth-Eigenschaften © Stefan Warda


Hamburgs bekanntester Design-"Radweg", der unsichtbare Radweg am Jungfernstieg, soll möglicherweise gegen einen Radfahrstreifen ausgetauscht werden. Dies geht aus dem gerade vorgestellten Innenstadtkonzept Hamburg 2014. Ein Radfahrstreifen böte zudem die Chance ganzjährig eine separate Radverkehrsführung am Jungfernstieg im Verlauf der Velorouten 3 und 4 vorzuhalten. 
Der Fahrradverkehr entlang des Jungfernstiegs sollte neu geordnet werden. Ziel sollte ein separater Fahrradstreifen auf der Fahrbahn sein.  

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg: Laut Behördensprecher sollten die Fußgänger auf dem Radweg als lebende Verkehrshindernisse den Radverkehr ausbremsen - eine unkoventionelle und nicht StVO-konforme Maßnahme

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg - © Stefan Warda


Der unsichtbare "Radweg" am Jungfernstieg wird leider mehrere Monate lang im Jahr durch Sondernutzungen blockiert, wie z. B. letztes Wochenende durch "EON Hanse Alstercup". Weitere Veranstaltungen sind "Winterzauber" von November bis Januar oder "Alstervergnügen", zu denen zwar der "Radweg", nicht aber die Fahrbahnen gesperrt sind. Die Anlage der "Radwegs" im Verlauf der Velorouten, der ursprünglich vielleicht der Sicherheit des Radverkehrs dienen sollte, war also ein sehr fragwürdiges Konzept.


Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg - © Stefan Warda


Fußgänger als lebende Hindernisse zur Temporeduzierung

2005 wurde der unsichtbare "Radweg" auf Druck der Baubehörde gebaut. Auf Initiative von Stefan Warda wollte der Bezirk Mitte entgegen der ursprünglichen Baubehörden-Planung Radfahrstreifen anlegen. Dies wurde von der Baubehörde mit "mangelnder Verkehrssicherheit" und dem "hohen gestalterischen Anspruch" des Jungfernstiegs abgelehnt. Stadtentwicklungsbehördensprecher Volker Dumann verteidigte damals die Planung seines Planungsstabs gegenüber dem Vorwurf mangelnder Erkennbarkeit: "Der Radweg wird aber deutlich durch schwarze Steine in der Breite eines Fahrbahnstreifens abgegrenzt." Zudem sollte der Radverkehr entlang des Jungfernstiegs deutlich ausgebremst werden, während für den restlichen Fahrzeugverkehr kein Tempolimit, sonder 50 km/h vorgesehen war: "Es soll erreicht werden, daß Radfahrer am Jungfernstieg langsam fahren. Daß das auf Radwegen wie dem geplanten funktioniert, ist wissenschaftlich erwiesen." Mit der Kritik am unsichtbaren "Radweg" konnte jedoch erreicht werden, dass die Radwegbenutzungspflicht mit Fertigstellung des neuen Jungfernstiegs 2005 aufgehoben wurde. Bis zum Umbau war der Radweg am Jungfernstieg ein einseitiger Zweirichtungsradweg, das Radfahren vor dem Alsterhaus verboten.


Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg - © Stefan Warda


2014 sieht das Innenstadtkonzept vor dem Radverkehr innerhalb des Wallrings eine größere Bedeutung als bislang zukommen zu lasen, während der Autoverkehr reduziert werden soll. Im Einzelnen sollen die Radverkehrsführung entlang des Wallrings verbessert, großzügigere Überwege an der Kreuzung Holstenwall / Millerntorplatz, attraktivere und großzügigere Wege für den Radverkehr entlang der Ost-West-Straße sowie ein Ausbau des Elberadwegs entlang des Zollkanals geschaffen werden. Darüber hinaus wird erwogen die Kommunaltrasse in der Mönckebergstraße über den Steintorplatz bis zum ZOB zu verlängern und am Ballindamm Fahrspuren und Parkplätze zugunsten von großzügigen Fuß- und Radwegen zurückzubauen.


Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg - © Stefan Warda


Mit dem Umbau der Innenstadt will Hamburg sich nicht nur mit Städten wie Berlin und München im nationalen Vergleich, sondern sich auch im internationalen Wettbewerb mit Amsterdam, Barcelona, Kopenhagen oder Rotterdam messen.

Es muss das Prinzip gelten, dass radfahrer- und fußgängerfreundliche Lösungen Vorrang haben und die Laufgewohnheiten der Passanten stadträumlich berücksichtigt werden.

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg


Die angedachten Maßnahmen des Innenstadtkonzepts würden viele verkehrsplanerische und stadtgestalterische Sünden der letzten Jahrzehnte beseitigen, die vor allem auf den Vorrang des Autoverkehrs im Straßenraum ausgerichtet waren. Straßen und Plätze dienen heute überwiegend dem Autoverkehrsfluss oder als Platz für Stehzeuge. Viele Wege für Radfahrer und Fußgänger werden den Anforderungen nicht gerecht, wie z. B. am Jungfernstieg oder dem Ballindamm (Europapassage). Solch ungünstige Verkehrsführungen wurden aus stadtgestalterischen Gründen als notwendig erachtet, während heute aus gleichen Gründen offenbar andere Maßstäbe gesetzt werden.
 

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg / Reesendamm - © Stefan Warda

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg / Reesendamm - © Stefan Warda

Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg / Reesendamm - © Stefan Warda


Historische Wegeführungen sollen wiederbelebt werden, wie der alte Handelsweg in West-Ost-Richtung von Millerntor über Großneumarkt, Fleethof, Großer Burstah, Steinstraße. Hamburgs Innenstadt soll wieder Wohnstandort werden. Teile der Innenstadt wäre damit abends nicht mehr nahezu ausgestorben. Hamburgs Innenstadt bekäme für den Radverkehr ein ganz neuen Stellenwert.


Velorouten 3 und 4, Jungfernstieg: Stealthradweg - © Stefan Warda



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