4. Dezember 2015

Rückblende: Die autogerechten siebziger Jahre

The car-friendly seventies in Hamburg
Aktualisiert am 05.12.2015

© hamburgize.com / Stefan Warda
Radweg am Ballindamm - © Stefan Warda


Hamburg vor 45 Jahren: In einem Anfall von Euphorie sollten innenstadtnahe Stadtautobahnen mehr und mehr Autoverkehr ermöglichen. Autoverkehr galt gemeinhin als Fortschritt. Radfahrer und Straßenbahnen galten fortan als Verkehrshindernisse und sollten aus dem Fahrbahnbereich verbannt werden. Schnell wurde das Ende der Straßenbahn besiegelt.

In Leserbriefen und älteren Artikeln im Hamburger Abendblatt aus den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde beklagt, dass zahllose Radwege als Parkplätze genutzt wurden.

Eine Leserin, die 1971 beim Kampfparken auf dem Radweg des Ballindamms ertappt wurde, schlug vor, alle Hamburger Radwege nach Bochumer Vorbild zum Parken freizugeben.

Laut ADAC-Motorwelt vom September 1970 sind die Radwege in der City von Bochum zum Parken freigegeben worden, da sie kaum noch befahren werden. Wäre es nicht möglich, in Hamburg eine ähnliche Regelung zu treffen?

Der Radweg am Ballindamm hat bislang überlebt, der Radverkehrsanteil in Hamburg ist heute etwa dreimal so hoch wie in Bochum.



Radwege zu Parkplätzen in Hamburg

© hamburgize.com / Stefan Warda
Holstenglacis / Sievekingplatz - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Holstenglacis / Sievekingplatz - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Jungiusstraße - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Fruchtallee - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Fruchtallee - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Lauensteinstraße: Dieser umgeleitete benutzungspflichtige Fakeradweg verläuft bis heute in der Dooringzone der Stehzeuge. Für Fußgänger bleibt kaum Platz übrig. Gegenverkehr oder Nebeneinandergehen auf dem Gehweg sind unmöglich - © Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda
Lauensteinstraße - © Stefan Warda

Lauensteinstraße - © Stefan Warda




Mehr . . . / More . . . :
.

1 Kommentar:

  1. Begonnen hatte es aber schon früher. In den sechzigern mochten die Politiker den Autofahrern ihr Spielzeug nicht verbieten und begannen mit dem Steuergeld aus den Fetten Jahren Autobahnen mit Anschlussstellen in fast jedem Wohnviertel zu planen. Wer die Stadtpläne aus dieser Zeit mit den ganzen geplanten Autobehnen so sieht, fragt sich, wo denn der Regen noch versickern sollte. Aber Ende der 60er Jahre ging es dann so richtig los. Das war die Zeit, wo Wilfried Legat in der renommierten Wochenzeitung "Die Zeit" (am 30. Mai 1969) die Forderung, das Radfahren in den Innenstädten zu verbieten, ausführlich begründen durfte, und sich sicher war, das man ihm auf jeder Party, in jedem Edelrestaurant und jeder Eckkneipe auf die Schulter klopfen würde, weil er ja ach so Recht hatte: "Das Risiko ist viel zu groß:

    Sie fahren vor den Autos her. Auf Fahrbahnen, die für Autos gebaut wurden, reglementieren sie das Tempo ganzer Autokolonnen. Die Unverträglichkeit zwischen Zweirädern und Vierrädern behindert und gefährdet den Verkehrsfluß in der Großstadt. Ich meine: Fahrräder und Mopeds gehören nicht auf die Fahrbahnen unserer Hauptstraßen. ...".

    Der Originalartikel ist nur für Abonnenten freigeschaltet. Aber der Nachdruck von 2009, als man solch einen Artikel eher für einen verspäteten Aprilscherz gehalten hat, ist offen einsehbar:

    https://www.zeit.de/online/2009/20/auto-fahrrad-1969/komplettansicht

    Nun ist das 50 Jahre her. Den Namen des Autors mochte man schon vor 10 Jahren nicht mehr nennen, weil man ihn damit in den Schmutz gezogen hätte. Und heut wirkt es noch abstruser als die damals oft vertretene Meinung, der Mensch würde in Kürze den Mars besiedeln.

    AntwortenLöschen