Road Works Progress Report: The Ten Most Common Mistakes
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Vorbildliche Radverkehrsführung an einer Baustelle in München |
Laut den
Fortschrittsberichten zur Radverkehrsstrategie für Hamburg ist bezüglich der Baustellen mit Radverkehr alles bestens geregelt. Jedes Problemchen resultiert in eine "anlassbezogene Maßnahme", Kontrollen erfolgen "im Rahmen der personellen Kapazitäten", so der
aktuelle Bericht.
Berücksichtigung des Radverkehrs an Baustellen
Die Zentrale Straßenverkehrsbehörde der Verkehrsdirektion hat darauf hingewirkt, dass die örtlich zuständigen Straßen-verkehrsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit auf die Einhaltung der straßenverkehrsbehördlichen Genehmigun-gen achten. Die Broschüre des Landes Nordrhein-Westfalen zum Thema „Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen“ wurde den örtlichen Straßenverkehrsbehörden zur Verfügung gestellt. Anlassbezogen werden die darin ent-haltenen Vorschläge bei Planung der einzelnen Maßnahmen berücksichtigt. Die Sicherheit des Fußgänger- und Radverkehrs wird bei jeder straßenverkehrsbehördlichen Anordnung be-sonders berücksichtigt. Im Rahmen sogenannter Verkehrsbe-sprechungen mit Baufi rma, Bauaufsicht und der örtlichen Straßenverkehrsbehörde wird die Baustellenbeschilderung festgelegt und anschließend angeordnet. Die Kontrolle der Einhaltung straßenverkehrsbehördlicher Anordnungen erfolgt im Rahmen der personellen Kapazitäten. Die Kontrolle der Einhaltung straßenbaubehördlicher Anordnungen obliegt dem jeweils zuständigen Straßenbaulastträger, d. h. sie erfolgt je nach Maßnahme und Bezirk regelmäßig durch die Bauaufsicht oder die bezirklichen Wegewarte.
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Vorbildliche Radverkehrsführung an einer Baustelle in München: Wegen Leitungsarbeiten unter dem Rad- und Gehweg wurde der Radverkehr auf die rechte Fahrspur verlegt |
Also alles Top bei Baustellen? Mitnichten. Die Hamburger bewerteten 2012 beim
Fahrradklima-Test des ADFC die Führung an Baustellen mit der Note 5,17. Gemessen an der Hamburger Gesamtnote von 4,40 sind Baustellen daher immer noch ein Problem. Gegenüber dem Test von 2005 ist lediglich eine leichte Verbesserung um 0,18 Notenpunkte gegenüber der vorherigen Bewertung mit 5,35 zu verzeichnen. Das ist kein großer Erfolg trotz der Radverkehrsstrategie und der Propaganda in der Fortschrittsberichten der Behörde. Selbstkritik wird darin nicht geboten, wäre dies doch ein Eingeständnis eines steten Versagens.
Fortschrittsbericht zur Radverkehrsstrategie: Viel Propaganda - keine Selbstkritik
Probleme gibt es bei zahlreichen Zuständigkeiten. Die Ergebnisse bleiben über Jahre hinweg immer gleich. Hier eine Zusammenfassung der häufigsten Fehler, aufgezeigt an überwiegend aktuellen Beispielen.
Die klassischen Fehler bei Radwegebaustellen
Fehler 1: Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht (VZ 240 - Gemeinsamer Geh- und Radweg) innerhalb einer Tempo 30-Zone, weil auf dem Gehweg gebuddelt wird. Dort wo es besonders eng wird und wo es ohne Baustellentätigkeit verboten ist sollen während der Bauphase zu allem Überdruß auch noch Radfahrer fahren. Aber: Eine Tempo 30-Zone schließt laut StVO die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht grundsätzlich aus. Dieser Fehler geht oft einher mit Fehler 8.
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Detlev-Bremer-Straße innerhalb der Tempe 30-Zone |
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Detlev-Bremer-Straße innerhalb der Tempo 30-Zone - Baustellenlogik: Weil es auf dem Gehweg so schön eng geworden ist mit der Baustelle, dürfen Radfahrer nicht mehr die Fahrbahn benutzen |
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Detlev-Bremer-Straße - Baustellenlogik: Wo sonst ohne Baustelle Radfahrer auf der Fahrbahn fahren, ist es wegen der Baustelle verboten. Mittlerweile wurde das VZ240 allerdings entfernt. Doch solange die Verkehrsschilder präsent sind, sind sie verbindlich - zumindest solange die Anordnung befolgt werden kann |
Fehler 2: Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht für einen Radweg ohne Radwegbenutzungspflicht. Im Bereich von Geh- und / oder Radweg wird in einer Straße, in der es keine Radwegbenutzungspflicht gibt, gebuddelt. Durch die Baumaßnahme, die meistens den Fahrbahnbereich nicht beeinträchtigt, wird eine Radwegbenutzungspflicht für den zudem eingeschränkten Abschnitt an der Baustelle ausgewiesen. Dort, wo es wegen der Baustelle besonders eng wird, sollen Radfahrer und Fußgänger auch noch zusammengedrängt werden, obwohl dies wirklich nicht not tut. Dieser Fehler geht zuweilen einher mit Fehler 5.
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Schanzenstraße / Sternschanze: Eigentlich hat es hier schon seit Jahren keinen Benutzungszwang mehr. Doch im Zuge der Baumaßnahme, die eigentlich die Straße Sternschanze parallel zur Verbindungsbahn betrifft, wurde sie mal wieder temporär eingeführt. In diesem ganz ungewöhnlichen Fall gab es aber sogar ein Verbot für Fußgänger, denn hier sollten nur Radfahrer fahren. |
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Schanzenstraße / Sternschanze: Leider hatte es viele Kampfgänger auf diesem benutzungspflichtigem Radweg. Dies war z.T. dadurch bedingt, dass in Gegenrichtung kein Verbot für Fußgänger angeordnet war |
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Schanzenstraße / Sternschanze (Sportplatz) - Baustellenfortschritt: Mittlerweile ist auf der Fahrbahn eine Radspurmarkierung erkennbar, die auf die Nebenfläche führt. Dort hat es allerdings derzeit keinen Benutzungszwang mehr |
Fehler 3: Der Radweg, ob benutzungspflichtig oder nicht, wird an
einer Baustelle nicht fortgeführt, sondern endet ohne eine weitere
Führung für den Radverkehr unmittelbar an der Baustelle. Radfahrer
müssen dann auf die Fahrbahn ausweichen, finden aber keine geeingete und / oder sichere
Aufleitung vor.
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Grindelberg: Mitten auf dem benutzungspflichtigem Radweg steht derzeit ein Baugerüst. Ortskundige Radfahrer fahren schon vor der Baustelle an geeignter Stelle auf die Fahrbahn, Kampfradler weichen auf den Gehweg aus, andere Radler schieben auf dem Gehweg |
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Grindelberg |
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Fuhlsbüttler Straße / Alsterdorfer Straße: Der benutzungspflichtige Radweg ist schmaler als handelsübliche Fahrräder. Kampfradler weichen auf den Gehweg aus, ortskundige Radler wechseln spätestens vor der Baustelle ab Alsterdorfer Straße auf die Fahrbahn, andere steigen ab und schieben . . . |
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Elberadweg, Johannisbollwerk: Der benutzungspflichtige Radweg endet an der Baustelle - Radverkehrsführung Fehlanzeige |
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Veloroute 5, Ballindamm - Baustelle: Radfahrer werden zunächst auf den Radweg gelockt, doch versteckt hnter parkenden Autos landen sie später an der Baustelle. Dort fehlt eine Aufleitung auf die Fahrbahn oder eine andere legale Radverkehrsführung. Kampfradler bahnen sich daher einen Weg . . . |
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Veloroute 5, Ballindamm: Am Alstertor vor dem Abgang zur U-Bahn-Station ist das Hindernis auf dem Radweg noch nicht erkennbar, aber danach fehlt eine Aufleitung auf die Fahrbahn. Kampfradler weichen auf den Gehweg aus, Rambos haben derweil Frühstückspause neben dem Radweg |
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Veloroute 5, Ballindamm: Frühstückspause für Rambos am Radweg |
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Veloroute 5, Ballindamm: Zugemüllter Radweg ohne Umleitung für den Radverkehr |
Fehler 4: Durch eine Baumaßnahme auf dem Geh- und / oder Radweg ist in einer Straße ohne Radwegbenutzungszwang die gesamte rechte Nebenfläche in Fahrtrichtung gesperrt. Für Fußgänger gibt es eine Umleitung, für den Radverkehr wird die Benutzung der gesamten Straße verboten (VZ 254 - Verbot für Radfahrer).
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Esplanade, Casino - Baustellenlogik: Wegen einer Baustelle auf dem Gehweg ist das Radfahren auf der Fahrbahn derzeit verboten. Doch normalerweise hat es ohne den Baustellenbetrieb weder eine Radwegbenutzungspflicht noch ein Fahrbahnverbot. Die Esplanade ist weder Autobahn noch Kraftfahrzeugstraße. Radfahrer, die auf der Fahrbahn bis zur Baustelle ganz legal geradelt sind (es gibt an der vorherigen Kreuzung mit dem Neuen Jungfernstieg keinen Hinweis auf das Radfahrverbot ab dem Casinogebäude), sollen hier absteigen und zurückschieben . . . . |
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Esplanade, Casino: Tage zuvor gab es weder ein Fahrverbot auf der Fahrbahn noch auf dem Gehweg. Denn in diesem Straßenabschnitt dürfen Radfahrer den Gehweg benutzen (ZZ 1022-10) |
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Esplanade, Casino: Tage zuvor durften Radler sowohl auf der Fahrbahn wie auch auf dem Gehweg fahren |
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Esplanade / Neuer Jungfernstieg: Es gibt hier keinen hinweis, dass ab dem Casino die Straße komplett für den Radverkehr gesperrt ist. Eine Umleitung ist nicht angegeben |
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Esplanade / Neuer Jungfernstieg: Auf der anderen Straßenseite hat es ebenfalls ein Baugerüst. Doch hier wurde das Radfahren nicht verboten. Radfahrer müssen wie gewohnt den Radwegstummel bis zur Kreuzung benutzen |
Fehler 5: Es wird das Zusatzzeichen 1012-32 ("Radfahrer absteigen") aufgestellt, ob in Kombination mit Radwegezwang-Zeichen (VZ 237, 240 oder 241), oder auch nur solo. Doch was soll das bedeuten? Sollen Radler kurz anhalten, ab- und wieder aufsteigen und danach weiterfahren? Im Zusammenhang mit einer Radwegbenutzungspflicht ist das Zusatzzeichen ohnehin überflüssig, denn im Verlauf eines Zwangsradwegs kann es keine Unterbrechungen (z.B. auch Treppen, Benutzung eines Fahrstuhls) geben. Dadurch erlischt der Benutzungszwang. Ist der Radweg nicht befahrbar müssen Radler auf die Fahrbahn.
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Ludwig-Erhard-Straße |
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Veloroute 11, Reiherstieg |
Fehler 6: Es wird unter einem Radwegezwang-Zeichen (VZ 237, 241) das Zusatzzeichen (Ende) aufgehängt. Damit wird aber nicht das Ende des jeweiligen Radwegs angezeigt, sondern nur das Ende des benutzungspflichtigen Abschnitts einer Radverkehrsanlage. Dieser Fehler geht in aller Regel einher mit Fehler 3.
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Esplanade / Lombardsbrücke, Alstervergnügen: Das Ende des benutzungspflichtigen Radwegabschnitts ist angezeigt. Radfahrer haben ab hier die Wahl zwischen Fahrbahnbenutzung und Radwegbenutzung, da der Radweg im weiteren Verlauf nicht gesperrt ist. Eine Alternativführung ist ebenfalls nicht angezeigt |
Fehler 7: An der Baustelle ist eine Umleitung ausgewiesen. Diese darf jedoch nicht befahren werden, weil keine entsprechenden Verkehrszeichen dies erlauben.
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Wasserwerkebaustelle am Heiligenstfeld, Budapester Straße / Glacischaussee: Seit fast zwei Jahren ist der Radweg vom Millerntor Richtung Neuer Pferdemarkt sowie auch zur Simon-von-Utrecht-Straße unterbrochen. Zwar gibt es eine Wegweisung, diese kann jedoch nicht befolgt werden. |
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Richtung Simon-von-Utrecht-Straße sollen Radfahrer gemäß der Wegweisung auf die linke Straßenseite wechselnund vermutlich den dortigen Radweg benutzen. Doch dieser ist seit etwa einem Jahr nicht für den Zweirichtungsverkehr zugelassen. Wer dennoch abbiegen wollte konnte über Reeperbahn und Hein-Hoyer-Straße zur Simon-von-Utrecht-Straße gelangen. Die Wegweisungstafel empfiehlt aber anderes . . . |
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Fortschrittsbericht: Mittlerweile aber ist das VZ254 (siehe Bild oben) wieder entfernt worden. Radler dürfen also wieder ganz legal auf der Fahrbahn in die Simon-von-Utrecht-Straße abbiegen, wie auch schon in den ersten Monaten nach Einrichtung der Dauerbaustelle |
Fehler 8: An einer Kreuzung im Baustellenbereich ist die Wegebeziehung für Radfahrer unterbrochen. Radfahrer sollen sich vermutlich in Luft auflösen, angesichts fehlender Wegweisung eine Umleitung mit ungewissem Ausgang fahren, zurück bis zum Ausgangspunkt schieben und auf die Fahrbahn wechseln, bei Kenntnis des Baustellenchaos trotz Radwegezwang vor der Baustelle auf die Fahrbahn wechseln.
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Grindelallee / Hallerstraße / Grindelberg: Die Radverkehrsführung Richtung geradeaus zum Grindelberg ist nicht erkennbar. Das VZ 240 steht für den gemeinsamen Geh- und Radweg, der rechts herum in die Hallerstraße führt. Radfahrer zum Grindelberg müssen also bei der nächsten Fahrt über die Baustelle auf die Fahrbahn ausweichen, da nur so das Ziel erreichrt werden kann - trotz Benutzungszwang. |
Fehler 9: Es wird für eine Baustelle auf dem Gehweg oder Radweg der Zweirichtungsverkehr im Baustellenbereich angeordnet, auch wenn ansonsten ohne Bauarbeiten der Radgegenverkehr als illegales Geisterradeln gilt.
Fehler 10: Im Verlauf einer ausgeschilderten Veloroute endet der Radweg an einer Baustelle. Es gibt keine Umleitungshinweise. Ärgerlich: Radler verlassen sich auf die Wegweisung und werden in die Irre geleitet.
Es gibt noch
weitere Fehlertypen und auch weitere hier noch nicht genannte Fehlerkombinationen. Der Kreativität der beteiligten Personen sind offensichtlich wenig Grenzen gesetzt. Eine kleine Auswahl . . .
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Veloroute 1, Neuer Kamp - Baustelle: Zwar ist der Radweg nicht direkt durch die Baustelle betroffen, doch häufig hat es Baustellen auf dem gesamten Gehweg ohne eine Umleitung für Fußgänger. Dann müssen Fußgänger auf die Fahrbahn ausweichen. Den meisten Fußgänger ist dies nicht bekannt, daher laufen Kampfgänger auf dem Radweg. |
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Umleitungstafeln werden in Hamburg gerne auf Radwege gestellt. Passend zu Fehlertyp 3 |
Andere Städte "können" Baustellen
Lösung zu Fehlertyp 3: Der Radverkehr wird an der Baustelle
nicht unterbrochen.
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Kopenhagen: Ein Baugerüst neben einem Hauptverkehrsradweg |
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Kopenhagen: Einen Tag später wird das Baugerüst abgebaut. Der Radverkehr wird auf die rechte Fahrspur geleitet. Für die Überbrückung des Kantsteins dient ein Holzbrett |
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Kopenhagen: Hinter dem Hindernis auf dem Radweg gibt es eine Aufleitung |
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Kopenhagen: Trotz Fahrbahnverengung durch eine großflächige Baustelle hat es einen großzügigen und komfortablen Radweg |
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Basel: Trotz Baustelle Führungskontinuität |
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Kopenhagen: Umleitungstafeln müssen nicht auf dem Radweg stehen |
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Hamburg kann keine Baustellen
Lösungen
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Danke für die Mühe.
AntwortenLöschenSchön zu lesender Beitrag.
Z.254 (Radfahren verboten) ist so ein Schild, das gern mal als ultimative Lösung verkauft wird.
Das ist ein Eingeständnis von "wir sind nicht fähig oder willens, hier anders zu handeln" seitens der Straßenverkehrsbehörde.
Baustellenbeschilderungen werden auch nicht von der Behörde "abgenommen" oder überprüft - es herrscht Wildwuchs. Baustelle wird angemeldet, mit etwas Pech/Glück kommt jemand vorbei und guckt sich alles an. Ob da Z.237, 240, 241 aufgestellt wird - ich vermute, die Verantwortlichen haben keinen blassen Schimmer, was die bedeuten.
Danke sehr Stefan!
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