19. Mai 2020

Greenpeace: Corona-Pandamie könnte Mobilitätskrise auslösen

Greenpeace: Corona could cause mobility crisis

Aktualisiert um 14:11 Uhr
© Stefan Warda


Die Umweltorganisation Greenpeace warnt vor einer möglichen Mobilitätskrise. Ausgelöst durch die Corona-Pandemie haben viele Menschen ihr Verkehrsverhalten geändert. Die Zahl der täglichen Wege wurde reduziert, aber auch die Verkehrsmittelwahl hat sich geändert. Aus Unsicherheit werden öffentliche Verkehrsmittel gemieden. Einige ehemalige ÖV-Nutzende sind auf das Fahrrad umgestiegen, andere benutzen nun vermehrt das Auto. Die Verlagerung hin zum Auto drohe laut Befragungen mittel- bis langfristig anzuhalten, so Greenpeace. Die gewünschte und notwendige Mobilitätswende, mit der die Klimaschutzziele erreicht sollten und müssten, könnte möglicherweise ausbleiben und zu einer Mobilitätskrise werden.


© hamburgize.com


"Damit Corona nicht auch die Verkehrswende infiziert, müssen Städte jetzt mehr Platz für Radfahrende und Fußgänger schaffen."
Greenpeace fordert daher die Bundesregierung auf, in einem Konjunkturprogramm die Mobilitätswende deutlich zu berücksichtigen. Zudem müssten deutsche Städte dem Beispiel Berlin und anderer Städte folgen und eine Straßenraumaufteilung vornehmen, die dem Fuß- und Radverkehr jetzt mehr Platz einräumt. Mit einem restriktiveren Parkraummanagement solle die Verkehrsmittelwahl unterstützt werden.

1. Ausbau Radinfrastruktur  

Die Bundesregierung kann die Kommunen finanziell unter­stützen, indem sie die bisherigen Fördermittel für den Radverkehr im Bundeshaushalt auf 2,8 Milliarden für den Zeitraum 2020 bis 2023 verdoppelt. Neben dem Ausbau von Radwegen sollten die Mittel auch in zusätzliche Forschung über das Potenzial vom Fuß­ und Radverkehr als Beitrag zu mehr Lebensqualität und Klimaschutz sowie eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Fuß­ und Rad­verkehrsplanung fließen.

2. Mobilitätsprämie für alle

Der Kauf von Fahrrädern und anderen klimafreundlichen Mobilitätslösungen muss mit einer Prämie gefördert werden. Mit Hilfe einer Ausweitung des bundesweiten Förderpro­gramms auch auf private Lastenräder kann der Bund helfen, einen großen Teil der bisher mit dem Auto durchgeführten städtischen Wege zu ersetzen.

3. Platz für Fuß und Rad

Verkehrsflächen sollten zugunsten von Rad­ und Fußwegen umgewidmet werden. Deutsche Städte sollten Beispielen wie Berlin, Brüssel, Mailand oder Paris folgen und schnell Platz vom Autoverkehr nehmen und in mehr Radwege, Fußgänger­zonen und Spielstraßen umwandeln. Der Radverkehrsanteil in den zehn größten deutschen Städten könnte so bis 2030 auf 30 Prozent gesteigert werden.

4. Autoverkehr reduzieren

Mit einer City-Maut, weniger Parkplätzen und höheren Park­gebühren kann die Anzahl der Autos und deren Schäden für Gesundheit und Umwelt verringert werden. Um Klimaziele zu erreichen und die Lebensqualität in Städten zu verbessern, müssen langfristig zwei von drei Autos in Städten durch Alternativen ersetzt werden. Die Einführung von autofreien Kiezen kann kurzfristig zur Verkehrsberuhigung und Rückgewinnung von Platz beitragen.



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17. Mai 2020

Hamburg: Pop-Up-Radspur für die Hafencity in Aussicht gestellt

Hamburg: Hafencity to have a pop-up-bikelane


Aktualisiert um 23:13 Uhr
Am Sandtorkai, Nordseite: Für Radfahrende gilt Fahrbahnbenutzungspflicht - © Stefan Warda


Rot-Grün stellten heute während der Koalitionsverhandlungen eine Pop-Up-Radspur für die Hafencity in Aussicht. Entlang des Straßenzuges Am Sandtorkai - Brooktorkai solle auf rund zwei Kilometern Länge eine sog. Pop-Up-Bikelane entstehen. Weitere Details wurden dazu nicht genannt.

Derzeit weist der Straßenzug nur einen einseitigen, nicht benutzungspflichtigen Radweg auf, aber nicht einmal auf ganzer Länge. Dieser Radweg ist jedoch kein Zweirichtungsradweg, wie er ursprünglich einmal geplant war. Der Radweg ist für Radfahrende in Richtung Osten ein Angebot. In Richtung Westen müssen Radfahrende die Fahrbahn auf der Nordseite des Straßenzugs nutzen. Welche Rolle die in Aussicht gestellte (temporäre?) Pop-Up-Radspur angesichts des teilweise vorhandenen Radwegs übernehmen soll, bleibt somit zunächst unklar.

"In enem ersten Schritt wollen wir in der Hafencity eine Pop-Up-Bikelane einrichten, nämlich auf der Straße Sandtorkai / Brooktorkai, sodass wir sozusagen einen Lückenschluss im Radwegenetz haben."

Laut Anjes Tjarks (Grüne) solle die Pop-Up-Bikelane eine Verbidung zwischen Baumwall und dem Deichtorplatz mit Anschluss an den Oberhafenradweg (zukünftige Veloroute 9) Richtung Rothenburgsort (sowie Vier- und Marschlande) bieten.


Brooktorkai, Südseite - © Stefan Warda

Brooktorkai, Nordseite - © Stefan Warda


Bei der Planung der Hafencity vor rund 20 Jahren sollte der Autoverkehr absoluten Vorrang vor Fuß- und Radverkehr erhalten. Entsprechend waren für die Hauptstraßenzüge nur einseitige Zweirichtungsradwege geplant. An den Kreuzungen sollte es keine umlaufenden Rad- und Fußgängerfurten geben, damit diese den Autoverkehr nicht "behindern". Im Zuge des vierspurigen Ausbaus des Sandtorkais im Jahre 2006 wurde der Kreisverkehr Am Sandtorkai / Kaiserkai in eine signalgestützte Kreuzung umgewandelt. Damit verschwanden auch die Radwege im Abschnitt zwischen Wilhelminenbrücke und Kehrwiedersteg. Die ehemals vorhandene Radwegbenutzungspflicht wurde aufgehoben. Für Radfahrende auf den von Süden auf die Straßem Am Sandtorkai und Brooktorkai zulaufenden Straßen mit Radwegen besteht dadurch immer noch ein große Problem: Auf dem Radweg können sie nur nach rechts Richtung Deichtorplatz abbiegen. Nach links Richtung Baumwall dürfen sie gemäß StVO nur fahren, wenn sie in diesen Straßen die Fahrbahn statt der Radwege nutzen. Kritik am Verkehrskonzept der Hafencity gab es u.a. vom Hamburger Zukunftstrat. 2004 verfasste eine vom Zukunftsrat initiierte Arbeitsgruppe einen offenen Brief an den damaligen Stadtenwicklungssenator Dr. Michael Freytag mit einem Appell für eine nachhaltigere Mobilitätsplanung für die Hafencity.
 

Am Sandorkai / Kehrwiederstegbrücke, 2005 vor Umbau - © Stefan Warda

Am Sandorkai / Kehrwiederstegbrücke, 2006 nach Umbau - © Stefan Warda

Am Sandorkai / Kehrwiederstegbrücke: Der allseits beliebte "Radweg" auf der Südseite - © Stefan Warda



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15. Mai 2020

Im Verkehrsministerium regiert der Populismus

Populism rules the German transport ministry

Dialogdisplay - © Stefan Warda

Scheuers Kniefall vor der Raserlobby

Nur wenige Wochen nach Einführung des neuen Bußgeldkatalogs will unser Verkehrsminister Andreas Scheuer zurückrudern. Das einmonatige Fahrverbot bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von innerots 21 km/h sowie außerorts 26 km/h soll wieder zurückgenommen werden, weil diese Regelung "unverhältnismäßig" sei. Ein Kniefall vor der Raserlobby: Zahlreiche Autofahrende, die auf ihr Auto angewiesen seien, hätten sich an das Verkehrsministerium gewandt, weil sie Angst hätten ihren Führerschein und dadurch ihren Job zu verlieren.



Wer ab und an mal einen Taxi-Service nutzt und während dieser Fahrten auf den Tacho schaut, der dürfte sich fragen, wieso beispielsweise diese Berufsgruppe eine eingebaute Rasertoleranz hat. Rasen soll in Deutschland nun weiterhin nur ein Kavaliersdeleikt sein. In einigen Nachbarländern und anderen EU-Staaten gelten teils weitaus drastischere Maßnahmen für Raser als hierzulande. Wer in der Schweiz innerorts 11-15 km/h zu schnell fährt, büßt mit 250 Franken, bei 16-20 km/h zu schnell winkt eine "Verwarnung" (Wiederholungstäter erhalten mind. ein Monat Fahrverbot), bei 21-24 km/h zu schnell ein Monat Fahrverbot für Ersttäter, ab 25 km/h schneller als erlaubt fallen mind. drei Monate Fahrlizenzpause an. Wer innerorts gar 50 km/h oder mehr zu schnell fährt, gilt offiziell als "Raser" und riskiert die Beschlagnahmung des Fahrzeugs, Führerscheinentzug von mind. zwei Jahren und eine Freiheitsstrafe von mind. einem bis zu vier Jahren.


© Stefan Warda


Raser sollen in Deutschland offenbar weiterhin der Meinung sein dürfen, Geschwindigkeitsregelungen seien reine Willkür und ohne Sachverstand angeordnet, Verkehrszeichen seien leicht zu übersehen. Raser könnten daher leicht "unverschuldet" eine Führerscheinpause einlegen. Sollte nicht der Grundsatz gelten: Im Zweifel eher vorsichtiger und langsamer als zu schnell?



Niemand wird gezwungen, zu schnell zu fahren.


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