Paul-Nevermann-Platz / Max-Brauer-Allee: Hier soll die Radlerfreigabe aufgehoben werden - © Stefan Warda |
Der Bezirk Altona macht einen Salto rückwärts in Sachen Radverkehrsförderung. Für den Bereich am Paul-Nevermann-Platz und die Fußgängerzone Ottenser Hauptstraße soll ein Radelverbot eingeführt werden. Diese beiden Straßen stellen jedoch eine wichtige Radverkehrsverbidnung im Herzen von Altona / Ottensen dar. Treibende Kraft für die radlerunfreundliche Maßnahme ist das PK21. Das verwundert, denn in den ersten Jahren nach Novellierung der Straßenverkehrs-Ordnung im Jahre 1997 (sog. "Radfahrernovelle") galt das PK21 in Hamburg als "Musterrevier". Damals kam dem PK21 eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der StVO-Novellierung durch die Verkehrsdirektion zuteil.
Paul-Nevermann-Platz südlich des Bahnhofsgebäudes - © Stefan Warda |
Andere Straßenverkehrsbehörden sollten später dem Vorbild des mustergültigen PK21 folgen. So wurde schon sehr frühzeitig die Radwegebenutzungspflicht in der Ehrenbergstraße aufgehoben, eine der allerersten vierspurigen Haupverkehrsstraßen Hamburgs ohne blaue Radwegschilder. Zu den Maßnhamen der StVO-Novelle gehörten aber auch die Freigabe von Einbahnstraßen für Radler, wie auch die Freigabe von Fußgängerbereichen. Laut Aussagen der Polizei hatte es zu Zeiten des "Musterreviers" keine Auffälligkeiten mit Radfahrern in der Fußgängerzone. Laut dem PK21 widerspricht aber die Freigabe der Fußgängerzone Ottenser Hauptstraße der ausschließlichen Widmung der Straße für den Fußgängerverkehr und den Wirtschaftsverkehr der Anlieger.
Gemäß der Verfügung des Bezirksamtes Altona (Az.: BA5/64.10-8) vom 17.05.1979 ist die Widmung der Ottenser Hauptstraße ausschließlich auf den Fußgängerverkehr und Wirtschaftsverkehr der Anlieger beschränkt.
Daher sei sie aufzuheben. Am Paul-Nevermann-Platz südlich des Bahnhofs zwischen Hahnenkamp und Max-Brauer-Alle handelt es sich jedoch nicht um eine Fußgängerzone. Dennoch möchte die Straßenverkehrsbehörde hier das Radeln verbieten. Offenbar hat der Sinneswandel der Polizei mit dem Wechsel des Leiters der Straßenverkehrsbehörde beim PK21 zu tun, der nun dem Radverkehr nicht besonders aufgeschlossen ist.
Fußgängerzone Ottenser Haupstraße: Demnächst soll es hier nur noch Kampfradler geben - © Stefan Warda |
Vollkommen absurd scheint die Begründung für das Radelverbot auf dem Paul-Nevermann-Platz. Nicht Fußgänger haben sich beim PK21 über Radler beschwert, sondern Radler gaben bei einer Online-Befragung zur Verbsserung des Radverkehrs in Altona vermehrt Konflikte mit Fußgängern an. 64% der Radler beklagten dort "Konflikte mit Fußgängern", so die Straßenverkehrsbehörde. Die Unfalllage in diesem Bereich sei dagegen unauffällig. Damit bestätigt das PK21 die Aussagen aus früheren Zeiten.
Die sonderbare Logik des PK21
Wenn nun aber Radler auf den ihnen zugewiesen Verkehrsräumen Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern haben, soll dann überall das Radfahren verboten werden? Wenn auf einem Radweg häufig Kampfparker stehen und Radler dies bemängeln, soll dann das Radfahren auf dem Radweg verboten werden? Geben Radler auf Straßen ohne Radweg, wie beispielsweise der Reeperbahn, bei solchen Onlinerhebungen, wie sie ab nächster Woche auch in Wandsbek laufen wird, zukünftig an, sie würden häufig ohne ausreichenden Sicherheitsabstand von Autofahrern überholt, müsste nach dieser Logik des PK21 die Polizei dann auch auf solchen Straßen ohne Radverkehrsanlagen das Radfahren verbieten? Ein Beispiel, das noch besser zum Paul-Nevermann-Platz passt, wäre der LOOP, der mit dem "Deutschen Fahrradpreis 2014" ausgezeichnete Weg für Fußgänger, Skater und Radfahrer auf der Elbinsel Wilhelmsburg. Auf vielen Abschnitten gilt beim LOOP die gleiche Verkehrsregelung wie vor dem Altonaer Bahnhof: Eine einheitlich gestaltete Fläche mit Freigabe für den Radverkehr. Wenn Radler auf dem LOOP Konflikte mit anderen Nutzern angeben, z.B. mit frei laufenden Hunden, soll dann auch dort das Radfahren verboten werden? Müsste nicht auch der neue Stealth-Radweg an der Großen Elbstraße wegen Konflikten mit Fußgängern gesperrt werden?Aber müsste nicht unverzüglich der Radweg entlang der Max-Brauer-Allee an der Kreuzung mit dem Paul-Nevermann-Platz gesperrt werden, weil an der Querungstelle ständig Kampfsteher den Radweg blockieren? Wenn die Mitarbeiter des PK21 die StVO so genau nehmen, dann müsste in diesem Abschnitt der Max-Brauer-Allee die Busspur für den Radverkehr unverzüglich freigegeben werden. Denn laut der StVO ist es nicht zulässig, wenn Radler links von einer Busspur auf der Fahrbahn im Mischverkehr fahren. Noch ein anderes Beispiel: Autofahrer sehen häufig Konflite mit Radfahrern. Müsste nach Logik des PK21 dann nicht das Autofahren verboten werden überall dort, wo Autofahrer Konflikte mit Radlern beklagen.
Max-Brauer-Allee / Paul-Nevermann-Platz: Kampfsteher auf dem Radweg |
Radler weichen wegen Kampfstehern auf den Gehweg aus |
Bislang wollte der Bezirk Altona der radfahrerfreundlichste Bezirk Hamburgs sein. Passt dazu das Radelverbot rund um den Bahnhof Altona?
Begründung der straßenverkehrsbehördlichen Anordnung vom 10.02.2015
Seitens des PK 21 wurde festgestellt, dass es immer wieder zu Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Fußgängern im Gehwegbereich südlich des Bahnhofes Altona kommt.
Die im Auftrag des Bezirksamtes Altona durchgeführte Online-Beteiligung zum Radverkehr aus 2014 bestätigt dies. 64% der Radfahrer klagen über „Konflikte mit Fußgängern“.
Die Unfalllage im Gehwegbereich ist derzeit unauffällig.
Die besonderen örtlichen Verhältnisse sind wie folgt zu beschreiben:
Gehbeziehung vom Fern- und S-Bahnhof Altona zum ZOB und Taxenstand,
Wegebeziehung zwischen den Fußgängerzonen Ottenser Hauptstraße und Neue Große Bergstraße
Diverse stark frequentierte Geschäftsausgänge
Hohe Fußgänger- und Radfahreranzahl
Ausgehend von den bundesrechtlich festgelegten Grundsätzen kann die Freigabe von Gehwegen zur Mitbenutzung von Radfahrern ein geeignetes Mittel, sein, um außerhalb von T-30-Zonen Lücken im Radverkehrsnetz zu schließen. Dennoch müssen Belange des Fußgängerverkehrs im Vordergrund stehen.
Durch die Rücknahme der Freigabe der Fußgängerzonen Ottenser Hauptstraße und Neue Große Bergstraße für den Radverkehr im Umfeld des Bahnhofes Altona besteht keine Radwegebeziehung mehr, welche ein Radverkehrsnetz bildet. Vielmehr handelt es sich hier um eine Insellösung, bei welcher die Belange des Fußgängerverkehrs im Gehwegbereich keine Berücksichtigung finden.
Unter Bewertung der oben aufgeführten örtlichen Verhältnisse wird im vorliegenden Sachverhalt eine hinrechend genaue Gefahr erkannt, nach welcher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Schadensfall zu erwarten ist.
Gemäß der Verwaltungsvorschrift zur StVO muss die Freigabe des Gehweges des Weiteren im Interesse ungeübter und unsicherer Radfahrer notwendig und verhältnismäßig sein.
Diese Punkte müssen aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht verneint werden.
Die Maßnahme ist aufzuheben.
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nicht zu vergessen, das beide Routen also Ottenser Hauptstraße und auch Paul-Nevermann-Platz im Bezirks-Velorouten-Konzept Altonas aufgeführt sind.
AntwortenLöschendiese Anordnungen scheinen wirklich personenbedingt zu sein.
Was sind "Kampfsteher"?
AntwortenLöschen"Kampfsteher" ist abgeleitet von "Kampfradler" und erklärt sich somit von allein
LöschenWo kann ich eigentlich etwas über die Ergebnisse der Online-Bürgerbefragung von 2014 lesen?
AntwortenLöschenBislang nirgends. Die waren erst für September 2014 angekündigt, wenn ich mich richtig erinnere, jetzt heißt es: "Die Ergebnisse dieser Befragung sind in Bearbeitung."
LöschenDas wäre wirklich grotesk, wenn dort ein Fahrrad-Verbot verhängt werden sollte. Ich bin da bestimmt schon 779 Mal mit dem Rad längs gefahren (vermutlich wohl noch deutlich häufiger). Die Zahl der von mir erlebten Konflikte mit Fußgänger/innen beträgt genau null.
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