Aktualisiert um 17:43
Wiesendamm: Lage des geplanten Radfahrstreifens im Bereich der Kampfparker |
Nach einem über mehrere Jahre andauernden Planungsverlauf lehnt die Straßenverkehrsbehörde beim PK33 urplötzlich die geplante Einrichtung von Radfahrstreifen als Ersatz für die noch vorhandenen unbenutzbaren Fakeradwege ab. Wie aus heiterem Himmel antwortete das PK33 auf die Schlussverschickung der Planung mit einer Ablehnung und einem Gegenvorschlag. Statt auf der Südseite des Wiesendamms einen Radfahrstreifen als Ersatz für den immer noch vorhandenen unbenutzbaren Fakeradweg einzurichten soll die südliche Fahrbahn zu einer Tempo 30-Zone mit alternierend versetzt angeordneten Parkständen umgewandelt werden. Durch beidseitiges Parken wäre die Fahrgasse auf 3,5 Meter eingeengt. Radler wären dann wie in anderen Tempo 30-Zonen auch Pulkführer auf dem Wiesendamm. Sie müssten dann quasi eher mittig auf der Fahrbahn fahren, da zukünftig zu beiden Seiten der Fahrgasse Autotüren geöffnet werden könnten, oder aber von rechts Schrägparker unverhofft zurücksetzen.
Wiesendamm: Bisheriger Fakeradweg in Dooringzone und Kampfparker in zweiter Reihe |
Kampfparker, parkiertes Stehzeug auf unverträglich legalisiertem Stellplatz, Fakeradweg und Kampfradlerin auf dem Gehweg |
Für die Ablehnung macht die Polizei die "festgestellten Quartiersbelange" geltend, den sog. "hohen Parkflächenbedarf". Durch den Radfahrstreifen würden "41+X" Parkmöglichkeiten entfallen, also 41 legale Parkstände am Fahrbahnrand neben den Straßenräumen. Mit dem "X" berücksichtigt die Polizei die zahlreichen Kampfparker in zweiter Reihe, die die legal auf dem Hochbord abgestellten Fahrzeuge einkesseln. Mit dem Gegenvorschlag sollen wenigstens die 41 Parkstände auf der Fahrbahn beibehalten werden.
Radfahrer sollen Platz für Stehzeuge machen
Durch den Gegenvorschlag der Polizei würde eine zuvor in der Theorie bestehende - in der Dooringzone der Stehzeuge verlaufende - Radverkehrsanlage aufgegeben, um anschließend Radfahrer in einer Tempo 30-Zone zu führen. Denn die Straßenverkehrsbehörde hatte bislang versäumt den Radverkehr vor Dooringunfällen zu schützen, wodurch es möglich war, immer mehr Stehzeuge im öffentlichen Straßenraum unterzubringen. Nun soll nach Willen der Polizei dem ruhenden Verkehr Vorrang vor dem fließenden Verkehr eingeräumt werden, also der Wegfall einer separaten Radverkehrsanlage, die zwar durch Stehzeuge beeinträchtigt war, um Platz für mehr Stehzeuge bereitzuhalten. Dieses begründet die Polizei zudem mit Verkehrssicherheitsgründen, da "die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser aufgrund des Parkflächenbedarfs blockiert wird und damit seine schützende Funktion nicht entfalten kann." Gemeint ist der bislang geplante Radfahrstreifen.
Unter Berücksichtigung der oben genannten Gründe, wird die Straßenverkehrsbehörde für die vorliegende Planung eines Radfahrstreifens keine straßenverkehrsbehördliche Anordnung erteilen.
Hier besteht die Überzeugung, dass ein Radfahstreifen die Intessen des Radverkehrs bevorzugt, ohne auf die Quartiersbelange ausreichend Rücksicht zu nehmen. Dies entwickelt Auswirkungen auf die allgemeine Verkehrssicherheit im Quartier Jarrestadt, die die Straßenverkehrsbehörde nicht bereit ist, hinzunehmen.
Die Bewertung der Straßenverkehrsbehörde steht jedoch im Widerspruch zum Hamburgischen Wegegesetz (HWG). Im Rahmen der Wegenutzung geniesst nach §16 (1) HGW der fließende Verkehr Vorrang vor dem ruhenden Verkehr.
Die öffentlichen Wege dienen dem Gemeingebrauch. 2 Sie dürfen ohne besondere Erlaubnis im Rahmen der Widmung und der Vorschriften über den Straßenverkehr zum Verkehr benutzt werden, soweit andere dadurch nicht in ihrem Gemeingebrauch unzumutbar beeinträchtigt werden und Sondernutzungen nicht entgegenstehen. 3 Im Rahmen des Gemeingebrauchs hat der fließende Verkehr den Vorrang vor dem ruhenden Verkehr.
Vermutlich zählt beim PK33 der Radverkehr nicht zum Verkehr. Zudem git auch die Radverkehrsstrategie verbindlich für alle zuständigen Dienststellen. Demnach hätte das PK33 schon längst wegen der mit dem Radweg unversträglichen Parkstände aktiv werden müssen.
1-9 Radwege ohne Benutzungspflicht sind keine Radwege 2. Klasse. Sie werden von den meisten Radfahrerinnen und Radfahrern weiterhin genutzt und sollendeshalb ebenfalls in einem Standard gemäß PLAST 9 ausgebaut oder instandgesetzt werden, Verkehrssicherheitsdefizite sind auszuschließen. Radwege ohne Benutzungspflicht sollen deshalb bei Unterschreiten der Anforderungen entsprechend den Prioritätskriterien zur Aufstellung der Bauprogramme ebenfalls eine hohe Dringlichkeit bekommen (vgl. 1-6). Ist eine Verbesserung mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, sind andere Arten der Radverkehrsführung zu untersuchen.
1-12 Bei der Planung von Radverkehrsanlagen (Neubau und Grundinstandsetzung)
ist verstärkt darauf zu achten, dass Gefährdungen und Beeinträchtigungen des
Radverkehrs durch zu schmale Kfz-Parkstreifen oder fehlende Sicherheitsräume
zwischen parkenden Fahrzeugen und Radverkehrsanlage vermieden werden. Ggf. muss das Parken neben dem Radweg durch straßenbauliche Maßnahmen unterbunden werden, oder es ist eine andere Art der Radverkehrsführung vorzusehen.
Die Verkehrsdirektion wird kritische Fälle legalen Parkens neben Radwegen überprüfen und – in Abstimmung mit der BSU – nach geeigneten Lösungen suchen. Zur Entschärfung der Parkproblematik sollen insbesondere in dichten Wohngebieten verstärkt auch Möglichkeiten für kostenpflichtige Stellplätze außerhalb des Straßenraumes geprüft werden.
Mit der Verweigerung zur Zustimmung konterkariert die Behörde den Beschluss der politischen Gremien der Bezirksversammlung, der den Bau von Radfahrstreifen vorsieht.
Zahlreiche Hamburger Hauptstraßen mit vorhandenen Fakeradwegen ließen sich mit dieser Begründung der Straßenverkehrsbehörde des PK33 in Tempo 30-Zonen umwandelt, um so Flächen für bislang unverträgliche Stehzeuge zu retten, z.B. die Behringstraße oder die Langenhorner Chaussee, aber auch die Habichtstraße oder die Barmbeker Straße. Andererseits ließen sich wohl kaum noch in irgendeinem Hamburger Stadtteil sichere, sinnvolle und moderne Radverkehrsanlagen und Radverkehrsführungen einrichten, wenn überall Belange anderer höher gewichtet werden als die des Radverkehrs. Das Beispiel der Veloroute 2 im Verlauf von Weidenstieg und Tornquiststraße lässt grüßen. Wegen Anliegerprotesten verläuft die Veloroute heute über radverkehrsunverträglichem Holperpflaster innerhalb von Tempo 30-Zonen. Anlieger verlangten alternativ die Verlegung der Veloroute auf andere Straßen (Fruchtallee, Osterstraße).
Mehr . . . / More . . . :
.
"alternierend versetzt angeordnete Parkstände"...mir schwant übles. Kennen wir sowas nicht von der Fahrradstrasse Harvestehuder Weg? Super-Idee, PK33...weiter so!
AntwortenLöschenDass in HH das Parken Vorrang vor Verkehrssicherheit hat, ist normal und überall verbreitet: die zugeparkten Straßenränder nehmen den Einbiegenden die Sicht, was mir mal um ein Haar einen Motorradunfall beschert hätte. Konnte ausweichen, das Auto hatte meine Stoßstange noch berührt. Die Sicht war durch parkende Stehzeuge verdeckt. Kürzlich gab es dort auch einen Unfall, für das heranfahrende Auto war kein Platz zum Ausweichen.
AntwortenLöschenIch meinte natürlich meinen Auspuff.. da ging es jedenfalls zum Zentimeter. Aber Hauptsache man kann überall parken.
AntwortenLöschenMoin,
AntwortenLöschenalso hier fallen mir - vollkommen ungeordnet - ein paar Dinge auf bzw. ein.
- Eine Planung wird _Schluss_verschickt, wenn sie mit allen Dienststellen einschl. PK und VD abgestimmt ist. Dann noch mit einer Grundsätzlichen Änderung anzukommen, ist schon, na sagen wir mal, ungewöhnlich.
- Eine vernünftige Planung sollte natürlich die Belange _aller_ Verkehrsteilnehmer berücksichtigen. Leider wird gerne mal der eine oder andere total vernachlässigt. Wobei...
- ... in Hamburg irgendwie viele Leute der Meinung sind, sie hätten Anspruch auf ausreichend Parkraum im öffentlichen Raum direkt vor der Haustür. Mehr als 5m Fußweg scheinen oft un-er-träglich zu sein...
- Interessant finde ich dabei, dass die Polizei quasi eine Verkehrsberuhigung für den Wiesendamm durchziehen will.
Zwei kleine Hinweis zu der Anmerkungen " Viele Leute sind der Meinung vor der Haustür parken zu müssen":
Löschen1) Die meisten Parker im Wiesendamm wohnen dort nicht und treten den Weg in die Jarrestadt an.
2) Wo soll man denn sonst parken? Am Stadtpark und dann z. B. mit einem kleinen Kind in Richtung Jarrestadt laufen? Es gibt doch leider keine Parkraum-Alternativen.
was ich nicht ganz verstehe, warum wird der mittige grünstreifen nicht zum parken freigegeben?
AntwortenLöschendann hätte man rechts der fahrbahn doch platz für rad und ebenso für die fußgänger.
gut, dass wäre kein augenschmaus, aber bisher habe ich den eindruck, es wurde noch nie in erwägung gezogen und ich frag mich warum nicht?
das PK "sichert" die Parkplätze der eigenen Mitarbeiter, ein Schelm, der böses dabei denkt....
AntwortenLöschenWarum kann man nicht eine zeitliche Begrenzung - wie Zone 30 vor Schulen - einrichten? Vielleicht 7 Uhr bis 19 Uhr und danach den Radstreifen zum Parken frei geben. In der Zeit wird hauptsächlich der Parkraum benötigt und die Zahl der Radfahrer deutlich reduziert. So hätten alles etwas davon.
AntwortenLöschen