4. Mai 2015

Dänischer Fahrradrekord - Breitere Radwege - Leihradsystem floppt

Danish cycling record - Widening cycle tracks - Bike share system failed
Aktualisiert am 05.05.2015

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Kopenhagen am 27.10.2014, 17.07 Uhr: 47.356 Radler hatten die Dronning Louises Bro bereits befahren - © Stefan Warda

Die Dänen sollen letztes Jahr einen Fahrradrekord aufgestellt haben. Gegenüber 2013 soll die zurückgelegte Strecke per Fahrrad um sieben Prozent zugenommen haben. Dies sei ein Rekord innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre.


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Kopenhagen, Cykelslangen - © Stefan Warda


Nicht nur landesweit gibt es Rekorde in Dänemark zu vermelden. Die Kopenhagener kommen ihrem Ziel, die Hälfte aller Wege zur Arbeit oder Ausbildung mit dem Fahrrad zurückzulegen, näher. Waren es 2012 noch 36 Prozent, wuchs der Anteil in den folgenden Jahren deutlich. 2013 stieg der Anteil auf 41 Prozent, 2014 auf 45 Prozent. Bis 2015 will Kopenhagen die 50 Prozent-Marke erreicht haben.






Laut dem kürzlich veröffentlichten Bicycle Account 2014 sehen 94 Prozent der Radfahrer Kopenhagen als fahrradfreundliche Stadt, 80 Prozent sind mit dem Umfang des Radwegenetzes zufrieden, 60 Prozent sind mit der Kombination von Fahrrad und ÖV zufrieden, 63 Prozent mit der Oberflächenbeschaffenheit der Radwege, doch nur 53 Prozent sind mit der Breite der Radwege zufrieden. Immerhin fühlen sich 74% der Radler sicher im Kopenhagener Verkehr.

Als Hauptgrund für Unsicherheiten im Radverkehr nannten Kopenhagens Radler die nicht ausreichende Breite zahlreicher Radwege. Dies erklärt sich mit der grundsätzlichen Trennung von Rad- und Kfz-Verkehr. Denn in Dänemark gilt eine allgemeine Radwegbenutzungspflicht. Selbst in Straßen mit weniger als 10.000 Kfz / Tag werden in Kopenhagen Radwege angelegt, jedoch mit anderen Qualitätsstandards. Zwar sind die Radwege generell für den zweispurigen Verkehr ausgelegt, doch bei hohen Verkehrsbelastungen kommt es auf manchen Abschnitten zu langen Pulks und geringen Sicherheitsabständen bei zweipurigem Verkehr. Da die Radwege in Kopenhagen mit einer Bordkante von den Gehwegen getrennt sind, weichen Radler in Kopenhagen nicht auf Gehwege aus.
Hamburger Radfahrer beklagen dagegen Konflikte mit dem Autoverkehr als wesentliches Unsicherheitsgefühl. Dagegen weichen Hamburgs Radler alltäglich bei verstopften Radwegen zum Überholen auf Gehwege aus, aber auch im Falle der zahlreichen Fakeradwege. Bei Überlastung bzw. Unbrauchbarkeit der Hamburger Radwege wird der Druck schon vollkommen selbstverständlich auf Fußgänger verlagert, während in Kopenhagen die Radler versuchen mit der zur Verfügung stehenden Breite des Radweges zurecht zu kommen und eher im Stau stehen.


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Kopenhagen, Knippelsbro: 2014 querten täglich 41.200 Radler die Brücke.
Das ist die vierfache Radverkehrsbelastung wie bei An der Alster in Hamburg - © Stefan Warda

Zwar sind Kopenhagens Radwege deutlich breiter als Hamburger Radwege - die Standardbreite beträgt 2,2 Meter (in Hamburg derzeit bei Neubau 1,6 Meter), doch erfordern die hohen Radfahrerfrequenzen deutlich breitere Radwege als sich Hamburger Radfahrer vorstellen können. Radwege mit Breiten von drei bis vier Metern sind schon vorhanden. 2014 hatte es an Werktagen auf der Nørrebrogade 42.600 Radler, auf der Knippelsbro 41.400 Radler, auf der Langebro 33.500 Radler, auf der Gyldenløvsgade 31.800 Radler und dem H. C. Andersen Boulevard 31.100 Radler.


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Kopenhagen, Torvegade / Strandgade: Sehr hohe Radfahrerfrequenz - © Stefan Warda

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Torvegade: Bislang nur für zweispurigen Radverkehr ausgelegt - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Torvegade: Engpaß am Christianshavns Torv - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Torvegade / Strandgade: Rechts warten die Linksabbieger zur Strandgade - © Stefan Warda

Mit dem wachsenden Anteil der Radler am Verkehr muss Kopenhagen Engpässe im Radwegenetz beseitigen, um Staus auf Radwegen vorzubeugen. In diesem Jahr will die Stadt Kopenhagen über den Ausbau hochfrequentierter Radwege entscheiden. Der Ausbau der Nørrebrogade geht in die zweite Etappe. Die Verlängerung des bislang erfolgten Umbaus mit breiten Radwegen soll dieses Jahr in Richtung Norden beginnen. Schon vorab während der dieser Wochen wird eine Leistungssteigerung für den Knoten Torvegade / Strandgade umgesetzt. Die langen Rückstaus für die Linksabbiegebeziehung sollen reduziert werden.


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Kopenhagen, Nørrebrogade, PLUS-Netz-Radweg für dreispurigen Verkehr - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Nørrebrogade: Radwege nördlich Jagtvej zur Verbreiterung ab 2015 für dreispurigen Verkehr vorgesehen - © Stefan Warda


Im März hatte die Stadt ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sechs hochbelastete Straßenkorridore auf Verbesserungen für den Radverkehr untersuchen soll. Im August soll der Bericht vorliegen. Gegenstand der Untersuchung sind die Korridore Tagensvej / Knippelsbro (44.400 Radfahrer), H. C. Andersen Boulevard / Jarmersplads (24.700 Radfahrer), Jagtvejkorridor (21.200 Radfahrer), Korridor Tagensvej / Fredensbro (20.100 Radfahrer), Vesterbrogade (15.700 Radfahrer) und Nørregade (12.300 Radfahrer). Vor allem entlang Torvegade kann es in der Hauptverkehrszeit zu langen Radlerpulks kommen. Zum Vergleich: Hamburgs Zählstelle an der Außenalster passieren bis zu 11.000 Radler, am Harvestehuder Weg sind es 4.400, auf der Krugkoppelbrücke 6.800 Radler.


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Für den Ausbau hochfrequentierter Verbindungen sieht Kopenhagen das PLUS-Netz vor. Radwege des Plus-Netzes sollen das dreispurige Radfahren ermöglichen. 2014 betrug der PLUS-Netz-Anteil 19%, bis 2025 sollen 80% der Radwege PLUS-Netz-Standard haben. Zum Vergleich: Auf Hamburger Radwegen wird in der Regel einspurig geradelt, wenn sie überhaupt benutzbar sind.
Während in Kopenhagen das Radwegenetz ausgebaut wird, werden in Hamburg dagegen unbrauchbare "Radwege" ersatzlos aufgelassen oder zurückgebaut.


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Kopenhagen, Vesterbrogade / Stenosgade: 2014 nach Umbau für dreispurigen Radverkehr - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Vesterbrogade / Stenosgade vor dem Umbau noch mit Standardradwegen - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Vesterbrogade / Stenosgade, 2004 - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Vesterbrogade / Stenosgade vor dem Umbau 2014 noch mit Standardradwegen - © Stefan Warda

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Kopenhagen, Vesterbrogade: Für diesen Teil der Straße ist eine Verbreiterung der Radwege vorgesehen - © Stefan Warda

Der Ausbau des Super-Radwegenetzes, quasi das Radschnellwegenetz für die Hauptstadtregion, scheint ein sinnvolles Projekt zu werden. Im Vergleich mit Zählungen vor Eröffnung der Farumroute hat der Radverkehr auf der Verbindung Kopenhagen - Farum um 52 Prozent zugenommen.


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Supercykelstier Farumroute - © Stefan Warda

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Sonntagsverkehr auf Supercykelstier Farumroute - © Stefan Warda

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Schnellradweg Farumroute an der Stadtgrenze Kopenhagen / Gladsaxe - © Stefan Warda


Wenig Erfolg haben die Städte Kopenhagen und Frederiksberg dagegen mit ihrem neuen Leihradsystem. Die Luxusleihräder, die jeweils rund 6.600 Euro inklusive Wartung kosten, werden scheinbar nicht angenommen. Einerseits ist die Auslieferung der Räder arg in Verzug, da der deutsche Hersteller MIFA in Schwierigkeiten geraten war. Von 1860 Rädern waren bis Februar erst 426 ausgeliefert. Nur 27 der geplanten 105 Stationen des Leihradsystems waren bis Februar in Betrieb, überwiegend auf dem Gebiet der Stadt Frederiksberg. Andererseits scheint das System nicht den Bedürfnissen potentieller Nutzer zu entspechen. Die Leihgebühr beträgt 25 Kronen je Stunde (etwa 3,50 Euro). Die erste halbe Stunde ist nicht kostenfrei, wie in Hamburg oder Paris. Eine Registrierung im Internet ist vor erstmaliger Ausleihe notwendig. Verantwortliche der Stadt Kopenhagen wollten sich mit einem "weltbesten" Leihradsystem ein Denkmal setzen. Nun scheinen die mit Tablet-PC ausgerüsteten Go-Bikes, von denen einige motorunterstützt sind, in Kopenhagen ein weltbester Flop zu werden.



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2 Kommentare:

  1. Danke für den schönen Beitrag. :)
    Das Thema mit den Leihrädern sehe ich aber differenzierter. Am letzten Wochenende habe ich mir an "Hotspots" mit vielen parkenden Rändern mal den Spaß gegönnt, die weißen Leihräder zu zählen: ungefähr 1 von 50 Rädern war aus der Leihradflotte.
    In Anbetracht der Tatsache, dass ohnehin viele Kopenhagener ihr eigenes, mehr oder weniger gutes Fahrrad haben, finde ich den Anteil nicht sooo schlecht.
    Und: die Dinger sind ganz nett ausgestattet. Riemenantrieb! :D
    Mal abwarten, wie sich das entwickelt.

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    1. Für meinen letzten Aufenthalt in Kopenhagen hatte ich mich vorab bei Bycyklen.dk registriert. Selbstverständlich wollte ich das System testen. Doch ich hatte keines der Räder gesehen . . . konnte daher jetzt auch kein eigenes Foto dazu liefern.

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