11. Juni 2011

Baustellen in Hamburg: Die gemeine Hamburger Radwegbaustelle

Roadworks in Hamburg: The ordinary Construction Site on Hamburg Cycle Tracks

Mai 2011, Veloroute 1
May 2011, Cycle route No. 1

Baustellen sind für Hamburgs Radfahrer leider immer noch ein großes Ärgernis. Auch im Jahr 2011 lösen sich Radwege vor Baustellen in Luft auf, tauchen urplötzlich an Baustellen benutzungspflichtige Radwegführungen in Straßen ohne Radwegbenutzungspflicht auf, stehen Infotafeln zu Baustellen auf benutzungspflichtigen Radwegen, und es werden auch immer noch die äußerst unbeliebten Schilder "Radfahrer absteigen" verwendet. 2005 erreichte Hamburg die Note 5,35 in der Kategorie "Führung an Baustellen" beim deutschlandweiten Fahrradklimatest von BUND und ADFC. Anlass genug war dies für eine Änderung der desolaten Situation im Rahmen der Radverkehrsstrategie für Hamburg von 2008. Zwar verspricht die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt im Fortschrittsbericht zur Radverkehrsstrategie von 2010 (siehe Bild 38 in der Bilddokumentation zum Fortschrittsbericht 2010 zur Radverkehrsstrategie) Verbesserung, doch im Alltag bleibt bis heute die "lästige" bzw. regelwidrige Baustelle der Standard, die "gute" Baustelle die äußerst seltene Ausnahme.

Aus der Radverkehrsstrategie für Hamburg, 2008:
"1-26 An Baustellen ist eine durchgängig nutzbare und sichere Radverkehrsführung
zu gewährleisten. Ggf. sind bei Langzeitbaustellen geeignete Umfahrungsstrecken
auszuweisen. Die Verkehrsdirektion wird darauf hinwirken, dass die
zuständigen Dienststellen der Polizei im Rahmen ihrer Kontrollen verstärkt
auf die Einhaltung der genehmigten Regelpläne durch die Baufirmen achten.
1-27 Die BSU verteilt eine Broschüre des Landes Nordrhein-Westfalen zu radverkehrsfreundlichen
Regelungen an Baustellen zur Information an alle
zuständigen Dienststellen. Bei einer Fortschreibung der PLAST 9 sollen
entsprechende Regelpläne aufgenommen werden.
"

Mai 2011, Veloroute 1: Obwohl vor einigen Jahren schon im gesamten Straßenverlaug von Neuer Kamp und Feldstraße grundsätzlich die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben taucht sie an einer kleinen Baustelle urplötzlich wieder auf. Solange die blauen Schilder stehen müssen sich Radfahrer an das Gebot halten und für wenige Meter von der Fahrbahn auf den "Radweg" wechseln, dann wie hier verlangt "absteigen" und schieben, und anschließend dürfen sie wieder auf die Fahrbahn. Einem normalem Menschen ist das nicht zu vermitteln. Leider aber hat dieser Unsinn Tradition und wird weiterhin trotz der Radverkehrsstrategie immer noch hamburgweit angewandt. Beachtenswert auch das blaue Verkehrszeichen 241: Radfahrer sollen rechts fahren bzw. absteigen und schieben, Fußgänger sollen links gehen.

Mai 2011, Veloroute 1: Die gleiche Stelle wie oben aus der anderen Richtung. An der Baustelle ist abweichend von der generellen Verkehrsregelung entlang der Straße das Geisterradeln erlaubt, in der falschen Fahrtrichtung brauchen Radfahrer sogasr nicht einmal absteigen. Aber wieder sind die Seiten vertauscht: Radfahrer auf den Gehweg, Fußgänger auf den gesperrten Radweg. Auf der anderen Straßenseite ist zu deisem Zeitpunkt keine Baustelle eingerichtet und ohnehin ist ja im gesamten Straßenzug die Radwegbenutzungspflicht mit Ausnahme an dieser Baustelle aufgehoben, das Fahrbahnradeln also erlaubt. Das Verkehrszeichen 241 auf der linken Seite der Streaße verlangt allerdings von Radlern auf der anderen Straßenseite entweder den Radweg zu benutzen, oder aber auf die linke Seite zu wechseln und dort an der Baustelle entlang zu radeln.

Mai 2011, Veloroute 1: Legales Geisterradeln auf dem Gehweg, sogar ohne absteigen zu müssen

Juni 2011, Veloroute 1: Nach einigen Tagen sind die blauen Verkehrszeichen verschwunden, die rote Radweg aber weiterhin unverändert von der Baustelle betroffen und unterbrochen. Radfahrer dürfen also wieder auf der Fahrbahn an der Baustelle vorbeifahren, oder auf dem Gehweg an der Baustelle vorbeischieben.

Juni 2011, Veloroute 1: Die andere Straßenseite zu der oben erwähnten Baustelle ist Tage später auch von der Baustelle betroffen, in gleicher Weise. Trotzdem die B-Pflicht ja aufgehoben ist taucht sie an der Baustelle auf, Radfahrer sollen den Gehweg rechts benutzen und "absteigen", der Radweg links wird zum Gehweg für Fußgänger.

Juni 2011, Veloroute 1: Gleiche Baustelle wie beim obigen Bild, nur aus der anderen Richtung. auch hier ist das Geisterradeln wieder erlaubt, ohne absteigen zu müssen. Allerdings macht der "Seitenwechsel" Gehweg - Radweg das Radfahren auf dem Gehweg unmöglich.

Juni 2011, Veloroute 1: Gleiche Stelle wie oben mit den "legalen Geisterradlern". Schon erstaunlich, wieviel an einer Baustelle falsch germacht werden kann. Aber sollten nicht laut Radverkehrsstrategie die Einhaltung der Regelpläne für Baustellen verstärkt überwacht werden? Oder waren schon die Regelpläne falsch erstellt?

April 2011, Altonaer Straße:Der Radweg an einer Baustelle endet, Radfahrer sollen "absteigen". Ohne eine sichere und eindeutige Aufleitung auf die Fahrbahn hält sich allerdings kein Radfahrer daran und fährt weiter auf dem "Baustellengehweg".

Dezember 2010, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Im Schanzenviertel sorgt eine Baustelle schon seit letztem Jahr bis heute für viel Verwirrung. Durch Renovierungsarbeiten an einem Haus ist die als Nebenfahrbahn mit Parkplätzen genutzte Straße Beim grünen Jäger unterbrochen. Regelulär ist die geflasterte Nebenfahrbahn eine Einbahnstraße, Radfahrer dürfen dort aber in beide Richtungen fahren. Über die neben dem Bauzaun verbliebene Restfläche ist nun ein Zweirichtungsradweg eingerichtet, wie auch immer das funktionieren soll. Unabhängig davon für den Ortsunkundigen nicht erkennbar verläuft links im Bild der eigentliche asphaltierte und benutzungspflichtige Radweg neben der Hauptfahrbahn. Dieser darf aber nicht in Gegenrichtung benutzt werden.

Juni 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Links erkennbar der eigentliche benutzungspflichtige Radweg, auf dem seit Monaten wild geparkt wird. Die Nebenfahrbahn ist mit Verkehrszeichen 250 für Fahrzeuge aller Art gesperrt. Damit ist der angeordnete Zweirichtungsradweg nichtig, denn er kann nicht befahren werden. Radfahrer müssen also auf der Hauptfahrbahn links im Bild fahren. Wer versteht das aber schon so genau?!

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Der Radweg ist aus unerklärlichen Gründen abgesperrt und wird als illegaler Autoparkplatz genutzt.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Verwirrung bei den Radfahrern - der Zweirichtungsradweg ist zu schmal für den Begegnungsfall, das Pflaster zu holprig, der eigentliche Radweg ein Parkplatz, das Verkehrszeichen 250 verbietet das Befahren der Pflasterstrecke.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Radfahrer praktizieren den angezeigten Gegenverkehr ganz intuitiv auf ihre eigene Art.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Radfahrer praktizieren den angezeigten Gegenverkehr ganz intuitiv auf ihre eigene Art.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Wer dennoch gegen den Strom schwimmt muss leider absteigen.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Wer dennoch gegen den Strom schwimmt muss leider absteigen.

Dezember 2010, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Das sieht eigentlich nicht nach einem Radweg aus.

April 2011, Beim grünen Jäger / Neuer Pferdemarkt: Über dieses holprige Pflaster sollen Radfahrer fahren.

April 2011, Braamkamp: ein weitere klassicher Radwegbaustellenfall in Hamburg. Der benutzungspflichtige Radeg ist wegen Hinweistafeln unbenutzbar. Hier müssen Radfahrer laut der Straßenverkehrs-Ordnung den benutzungspflichtigen Radweg verlassen und die Fahrbahn benutzen.

April 2011, Deelböge: Der schmale Radweg ist als Zweirichtungsradweg deklariert, die Breite eignet sich jedoch nicht für den Begegnungsfall. Auch hier müssen Radfahrer auf die Fahrbahn, denn das Ausweichen auf den Gehweg ist nicht erlaubt.

April 2011, Vorsetzen in Richtung Baumwall: Bis zu dieser Stelle wird der Radweg unter dem Hochbahnviadukt geführt, anschließend wechseln Radfahrer hier dann über die Fahrbahn auf den rechten Radweg. Aber weniger Meter weiter ist eine Baustelle eingerichtet, an der der benutzungspflichtige Radweg sich in Luft auflöst. Hätte nicht schon hier auf die Benutzungspflicht verzichtet können?

April 2011, Baumwall / Vorsetzen: Der benutzungspflichtige Radweg ist "beendet". Keine Chance sich gleichberechtigt in den Verkehr auf der Fahrbahn einzufädeln, wie es die Regelwerke eigentlich vorsehen.

April 2011, Baumwall / Vorsetzen: Der Radfahrer muss am Radwegende zusehen, wie er nun weiterkommt.


April 2011, Baumwall / Vorsetzen: Der verzweifelte Radfahrer versucht an der Fußgängerampel weiterzukommen.

April 2011, Baumwall: Die Grünphase an der Fußgängerampel reichte nicht aus für die Touristen, der Radfahrer hatte auch dort wieder ROT und weicht über den Baustellenbereich aus.

April 2011, Baumwall: Der Radfahrer muss nun an der Baustelle abwarten . . .

April 2011, Baumwall: ... und abwarten . . . 

April 2011, Baumwall: . . . bis endlich eine Lücke bleibt, um auf der Fahrbahn die Fahrt fortzusetzen. Die Warterei nur weil wenige Meter benutzungspflichtiger Radweg vor der Baustelle bestehen.

April 2011, Vorsetzen / Baumall: In Gegenrichtung zu dem zuvor beschriebenen benutzungspflichtigen Radweg ist der Radweg auf der anderen Straßenseite abgesperrt, es besteht parallel also keine Benutzungspflicht.

April 2011, Vorsetzen: In Richtung Landungsbrücken ist der benutzungspflichtige Radweg abgesperrt, hier müssen Radfahrer auf die Fahrbahn.

April 2011, Vorsetzen am Verlagshaus Gruner & Jahr: Radfahrer müssen hier auf der Fahrbahn fahren.

April 2011, Vorsetzen: Vor dem Verlagshaus Gruner & Jahr ist der benutzungspflichtige Radweg abgesperrt.


Im Vergleich zur Hamburger Praxis hier Baustellen in Kopenhagen: Accomodating for Cyclists During Roadworks
Die im Zusammenhang mit der Radverkehrsstrategie erwähnte Broschüre der AGFS NRW: Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen [PDF]

Deutsche Städte können Baustellen nicht
Auch andere deutsche Städte haben erhebliche Probleme mit Radwegbaustellen. Hier aktuelle Beispiele aus der Stadt Köln, die selbst zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) zählt, wendet (ebenso wenig wie Hamburg) die eigenen Empfehlungen zur Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen nicht an:

Abenteuer Aachener Straße @ Alltag eines Radfahrers
Das große Buddeln . . . @ Mit dem Fahrrad in und um Köln
Helden der Arbeit @ radgefahren

"Fahrradfreundlich" ist anders!


Seltener Anblick, die "guten" Baustellen in Hamburg:
Perfect Example for Cycle Traffic at Construction Site
Perfect Example for Cycle Traffic at Construction Site (2)
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