4. Oktober 2016

Beschert die StVO-Novelle dem ADFC eine Austrittswelle?

Time to say goodbye to ADFC?
Aktualisiert um 16:00 Uhr

Immer noch bestehender Fakeradweg in Hamburg: Die Frau links balanciert auf dem Kantstein, das Kind am äußersten Rand des "Radwegs" zum Gehweg - © Stefan Warda


"Ich bin raus (aus dem ADFC)" schreibt Rasmus Richter von Leezerize über das Ergebnis der StVO-Novelle und der Beteiligung des Radel-Clubs an dem Ergebnis. Marco Laufenberg schreibt auf seiner Blogseite Mit dem Fahrrad in und um Köln: "Es wird Zeit, aus dem ADFC auszutreten!"

Beide machen ihren Unmut Luft über das Ergebnis der nun gültigen StVO-Novelle. Kritikpunkte sind
  • die Freigabe baulich angelegter Radwege für Kinder unter acht Jahren.
  • eine Ausnahmeregelung in § 45 Abs. 9 StVO für Sonderwege außerhalb geschlossener Ortschaften und Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften.


Beispielhafte Fakeradwegsituation in Hamburg mit erwachsenem Gehwegradler (für alle immer noch bestehenden Fakeradwege in Hamburg mit B-Pflicht, wie z.B. der Kieler Straße, Barmbeker Straße, Habichtstraße, Poppenbütteler Weg, usw. . . ) - © Stefan Warda

Unabhängig von der Breite von "Radwegen" und der Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht dürfen Kinder mittlerweile auch Radwege benutzen, auch wenn dadurch nachfolgende Radfahrer für längere Abschnitte u.U. keine Überholmöglichkeiten haben.


Richardstraße, 2016 erneuerter Gefährdungsstreifen in Hamburg - © Stefan Warda

Köln, Hansaring - Gefährdungsstreifen - © Stefan Warda

Köln, Hansaring - Gefährdungsstreifen - © Stefan Warda


Kommunen müssen keine besondere Gefahrenlage mehr nachweisen, wenn sie Radfahrstreifen anlegen möchten. Bei zahllosen Radfahrstreifen werden jedoch nicht einmal die Mindestbreiten eingehalten. Vor allem neben Stehzeugen rächen sich unterdimensionierte "Radfahrstreifen" und führen zu Konflikten wegen Dooring oder nachfolgenden aggressiven Dränglern, je nach Fahrweise der Radfahrer. Anhand von Beispielen aus Köln befürchtet Marco Laufenberg, dass gegen bislang regelwidrig ausgeführte "Radfahrstreifen" - also Gefährdungsstreifen - zukünftig Klagen wenig Erfolg haben könnten. Somit bestünde die Gefahr, dass langfristig Bestandsschutz für gefährliche Situationen im Straßenverkehr bestehen bleibt, unter Beifall des ADFC, der sich zu der Novelle positiv äußerte. Fakt ist, dass in Deutschland weiterhin massenhaft Radverkehrsanlagen existieren, die nicht die Mindestmaße der gültigen Regelwerke erfüllen. Fatal ist dies bei benutzungspflichtigen "Radwegen", aber auch bei allen Sorten von Gefährdungsstreifen ("Radfahrstreifen", "Schutzstreufen"). Der ADFC ist bislang jedenfalls nicht offensiv per Klageweg gegen immer noch existierende benutzungspflichtige Fakeradwege vorgegangen, abgesehen von der Unterstützung der Musterklagen nach der StVO-Novelle von 1997.


Schmallenberg, benutzungspflichtiger "Radweg"

Schmallenberg, benutzungspflichtiger "Radweg"


Zuletzt bleibt die Frage offen, ob die Kommunen tatsächlich Willens sind, den Radverkehr zu fördern und regelkonforme und sichere Radverkehrsanlagen mit Regelmaßen statt Mindestmaßen zu bauen und regelwidrige und verkehrsgefährdende abzubauen oder zu ersetzen und wie sich der ADFC verhalten wird.




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13 Kommentare:

  1. Ob ich nun ein Kind oder einen anderen langsamen Radfahrer nicht legal überholen kann ... egal! Der Sinn der Änderung ist ja schon vernünftig und jedenfalls besser für Fußgänger. Und zu § 49: Darum scheren sich die Kommunen sowieso nicht, ob mit oder ohne Gesetzesänderung. Auch nicht um die VwV zu § 2. (Und ja, ich bleib' im ADFC.)

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  2. Das Problem der Freigabe von bauliche angelegten Radwegen für Kinder ist doch, dass die Radwege oftmals in Radstreifen oder Schutzstreifen münden. Dann müssen die Kleinen auf den Gehweg wechseln. Diese Wechselmöglichkeit ist baulich jedoch meistens nicht gegeben, planerisch auch gar nicht vorgesehen.

    Ich habe kein Problem damit, dass Radwege auch für Kinder freigegeben werden, dann doch aber bitte ALLE Radwege. Nur dann muss doch die Infrastruktur entsprechend dimensioniert sein, sodass zwei, drei Radfahrer problemlos nebeneinander fahren können und auch überholt werden kann.

    Doch hierüber wird in Deutschland ja nicht einmal diskutiert. Wer soetwas öffentlich einfordert, wird als "Autohasser" und "Ökotyp" angemacht. Er wolle "den Verkehr", gemeint ist der Kraftfahrzeugverkehr, aufhalten und würde für ein Verkehrschaos sorgen.

    In diesem Sinne ist es doch entlarvend, dass nur baulich von der Fahrbahn getrennte Radwege für Kinder freigegeben werden. Sind denn die Radverkehrsführungen auf der Fahrbahn (Radstreifen und Schutzstreifen) nach Ansicht der Entscheidungsträger einfach zu gefährlich, da zu schmal?! Warum lässt man denn dann eine solche Verkehrsraumgestaltung zu? (Okay, Räumungszeiten an Kreuzungen sind sicherlich nicht auf die Geschwindigkeit von Kindern ausgelegt.)

    Christoph

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    1. Ich stimme Christoph bei vielen Überlegungen zu.

      Wenn Kinder aber ohne weiteres auf schmalen Radwegen zugelassen werden, sollte für all diese "Radwege" die B-Pflicht entfallen, damit schnellere Radfahrer die Möglichkeit haben, langsame Verkehrsteilnehmer legal zu überholen. Entsprechende Regelungen sollten für den Verkehr auf der Fahrbahn getroffen werden (innerorts max. Tempo 50, usw..).

      Ein weiterer interessanter Aspekt dürfte die Regelung für Kinder an Kreuzungen bleiben. Bisher mussten Kinder (<8Jahre) an Kreuzungen absteigen und sich als Fußgänger verhalten. Müssen Sie das auch, wenn sie auf Radwegen fahren? Und müssten sie das auch, wenn sie auf Radfahrstreifen und Schutzstreifen zugelassen wären? Ich hätte nichts dagegen, wenn sie nicht absteigen müssten, wenn die Radfahrstreifen und Radwege ausreichend breit wären, es in Deutschland also echte Radwege gäbe.

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  3. Der Grund, warum Kinder nur auf baulich getrennten Radwegen, aber nicht auf Todesstreifen fahren dürfen, ist doch klar. Die Streifenmalerei soll die überwiegende Mehrheit der Menschen vom vom Radfahren abhalten, aber trotzdem möchte der Gesetzgeber nicht die Verantwortung übernehmen, wenn Kinder auf den Todesstreifen von Autofahrern umgebracht oder verletzt werden.

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    1. Ist das Radfahren auf den bislang noch üblichen "Todesstreifen" rechts von den Stehzeugen etwa sicherer? Gemeint sind nun z.B. b-pflichtige "Radwege", die schmaler als ein Meter sind und unmittelbar neben Stehzeugen verlaufen (z.b. Habichtstraße). Wenn dort ein Kind in die unachtsam geöffnete Tür fährt und stürzt, kann dies für ein Kind ebenfalls fatale Folgen haben. Oder ohne B-Pflicht in der Augustenburger Straße.

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  4. Ja, garantiert ist es auf Radwegen (jedem Radweg!) sicherer. Todestreifen werden gerne mitten auf die Kreuzung geführt: links ein LKW mit einem Reifen auf der Trennmarkierung, rechts ein (rechtsabbiegender) LKW, dazwischen dein sechsjähriges Kind, das zwingend eine Begleitperson braucht. Diese Begleitperson kann das Kind nicht ansprechen, weil der Lärm zu groß ist. Sie kann auch nicht neben das Kind fahren und anders seine Aufmerksamkeit erlangen, denn dazu ist ja kein Platz. Eigentlich wäre die Begleitung auf solchen Streifen unnütz, da Kommunikation sowieso unmöglich ist.

    Auf einem getrennt verlaufenden Radweg ist der Lärm viel geringer, und es ist viel mehr Platz, weil das Kind wahlweise auch auf dem Fußweg fahren kann, die Begleitperson kann bei einem nicht benutzungspflichtigen Radweg wahlweise auf der Fahrbahn fahren. In der Regel fährt man also nebeneinander. Man kann auch jederzeit anhalten, um z.B. dem Kind eine Situation oder Gefahr zu erklären (bzw. um dem/der Erwachsenen etwas Interessantes zu zeigen, was nur Kinder sehen.

    Ich weiß nicht, warum du auf B-pflicht abhebst. Wir reden hier über Kinder, die bislang auf Fußwegen fahren mussten, also unter 8 Jahre alt.

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    1. Ich weiß nicht, wieso Du Dich derzeit um Kinder auf Todesstreifen Sorgen machts. Derzeit brauchen Kinder bis zum 10. Lebensjahr nicht auf Schutzstreifen oder Radfahrstreifen fahren. Sie dürfen jetzt aber unmittelbar auf "Radwegen" neben Stehzeugen fahren. Ob da immer genügend Zeit ist zu erklären, dass das Befahren dieser Todesstreifen nicht gut ist? Und dann gibt es ja sogar noch folgende Todesstreifen wie am Harvestehuder Weg, wo sehr schmale "Radwege" auf dem Hochbord zwischen Kantstein und Stehzeugen verlaufen. Geht die Autotür auf werden dann sogar Kinder auf die Fahrbahn gekickt und ggf. anschließend überrollt. Einen entsprechenden Dooringunfall hatte es mal in der Wentofer Straße gegeben. Natürlich könnten Begleitpersonen versuchen diese Todersstreifen zu vermeiden.

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    2. Das Argument mit dem Lärm kann ich nicht nachvollziehen. Wieso sollte einen Meter weiter rechts weniger Lärm herrschen. Und selbst wenn der Radweg rechts neben einem Parkstreifen verläuft, dürfte der Lärm dort nicht wesentlich geringer sein.

      Und außerdem ist der angesprochene Wechsel vom Radweg auf den Gehweg nicht immer ohne Weiteres möglich, da planerisch nicht vorgesehen, sei es durch einen Bordstein zum Gehweg, einen Grünstreifen oder Bäume.

      Man muss doch nach dem Grund der Differenzierung fragen. Warum neben der Fahrbahn, aber nicht auf der Fahrbahn? Jetzt mag es einen großen Teil in der Bevölkerung geben, der sagt: Fahrbahn ist immer gefährlich, getrennt davon immer sicher! Deswegen die Unterscheidung. Aber das ist eben falsch.

      Sollten wir nicht dafür eintreten, unsere Radfahrinfrastruktur so zu dimensionieren, dass jeder sagt: Ja mein Kind darf auch auf Radfahrstreifen fahren, da es dort sicher unterwegs ist, denn diese sind ausreichend breit, so dass wir nebeneinander herfahren können. Genau daran mangelt es doch.

      Deswegen sind diese ganzen Änderungen, auch die ansonsten diskutierten bzw. beschlossenen ein Flickenwerk um der miesen Infrastruktur Rechnung zu tragen. Wie oft erlebt man Situationen, bei denen sich der Radfahrstreifen an den Mindestbreiten oder knapp darüber orientiert, der Kraftfahrstreifen hingegen großzügig oberhalb derselben dimensioniert ist. Also selbst wenn offensichtlich genügend Platz vorhanden ist, gesteht man diesen dem Radverkehr nicht zu. Vermutlich um keinerlei Begehrlichkeiten an anderer Stelle zu wecken. Die Radfahrer könnten sich ja noch an eine solche Breite gewöhnen und das auch an anderer Stelle verlangen. Und womöglich lassen sich davon auch andere Leute überzeugen...

      Ich schweife ab, also genug! ;)

      Christoph

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  5. Weil Christoph die Streifen angesprochen hat, deshalb. Ansonsten scheinst du zu denken, weil ich die Todesstreifen ablehne, müsste ich zufrieden sein mit dem, was an Radwegen vorhanden ist. Das ist nicht der Fall. Trotzdem bin ich für eine bauliche Trennung vom motorisierten Verkehr (und nicht nur für Kinder). Bei allen Beispielen von Dooring etc geht nämlich unter, dass die Verletzungen auf Todesstreifen viel häufiger und mindestens genauso schwerwiegend sind, auch wenn die Todesangst beim engen Überholen oder der Schreck beim Hupterror zu einer anderen Sorte Gesundheitsschaden führt.

    Um also auf deine Ausgangsfrage zu kommen: es ist richtig, wenn der ADFC diese Änderungen unterstützt. Sowohl die Regelung, dass Kinder auf Radwege dürfen, als auch der §45, der bislang die Finanzierung von vielen Radwegen unmöglich machte, sind klare Verbesserungen. Wenn jetzt ein paar VC Ideologen austreten, umso besser. Ich würde jetzt glatt eintreten, wenn ich nicht in Hamburg wohnen würde, wo der ADFC nur aus Betonköpfen besteht. Die Entwicklung im Bundesverband ist endlich mal erfreulich.

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    1. Mit Verlaub, dann reden wir aber nicht über Radweg oder Radfahrstreifen, sondern über deren Ausgestaltung, sprich deren Breite. Deswegen sage ich Ja zu Radfahrstreifen, aber nur zu solchen, die (deutlich) oberhalb der derzeitigen Mindestbreiten liegen.

      Im Übrigen verstehe ich nicht wie mir ein 15cm hoher Borstein Sicherheit vor einem tonnenschweren Kraftfahrzeug geben soll. Anders gesagt, wenn der Dödel im Auto nicht aufpasst, bin ich Matsch, egal ob auf dem Radweg oder dem Radstreifen.

      Christoph

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    2. Das erklärt natürlich einiges, wenn du das nicht verstehst. Der Dödel im Auto verhält sich übrigens schon ganz anders, wenn man nur ein paar Plastikhütchen auf den Trennstreifen stellt. Ein Kantstein ist schon netter, und Poller: traumhaft. So schafft man Raum, den der Dödel nicht enteignen kann, wie er es mit den Streifen macht. Und deshalb ist ein Radweg (also etwas baulich getrenntes) jedem gemalten Streifen überlegen, unabhängig von der jeweiligen Breite.

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  6. Eine Fahrbahn die Platz für einen regelkonformen Radstreifen hat muss mindestens so breit sein, dass sie letztendlich auch wieder ohne auskommt.Daher gibt es bei diesen Dingern nur zwei Kategorien - entweder überflüssig oder illegal.

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  7. Es wird viel zu viel palavert und um den heißen Brei geredet!
    Wenn Politik wirklich weniger Autos in der Stadt haben will, muss man dem Auto Platz wegnehmen. In unserer Auto und Staustadt ist das nicht wirklich gewollt. Der deutschlandweit geringste Modalsplit von 18%, im Öpnv sagt viel. Leider hat bei uns das Auto immer noch die höchste Priorität. Neue Wohnungen entstehen überall neu. Der dadurch zusätzliche Verkehr wird von der Politik ausgeblendet. Wenn ich mit dem Rad auf zu schmalen Radstreifen unterwegs bin, halte ich 1m Abstand zu den rechts parkenden Autos, um nicht von einer aufgerissen Autotür erfasst zu werden.

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