Die autogerechte Stadt - Beispiel Hagen Car City - Hagen |
Neulich hatten die Grünen in Hamburg ein neues Wahlprogramm veröffentlicht. Sogleich haben Medien ein besonders heiß umstrittenes Detail herausgepickt: Das bislang kostenfreie Parken in Hamburg. Denn die Grünen möchten den Beispielen der Städte München, Kopenhagen oder Amsterdam, Groningen und ´s Hertogenbosch folgend Parken innerhalb des Ring 2 kostenpflichtig machen.
Die autogerechte Stadt - Beispiel Hagen Car City - Hagen |
Wie schädlich Parken ohne Ende für unsere Städte ist zeigen unwirtliche Stadträume, die bis zum Anschlag mit Blechhüllen zahlloser Stehzeuge zugestellt sind. Stadträume wurden zu Unorten, die von Passanten gemieden werden. Für andere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger und Radfahrer, bleibt wenig Platz, für Anwohner bieten diese Unorte kaum noch irgendeine Aufenthaltsqualität.
Die autogerechte Stadt - Beispiel Hagen Car City - Hagen |
´s Hertogenbosch bietet nur noch wenige innerstädtische Parkplätze, die allerdings alle kostenpflichtig sind. Autofahrende können jedoch ihre Fahrzeuge auf großen zentralen Parkplätzen am Stadtrand abstellen und von dort bequem mit Bussen das Stadtzentrum anfahren. So konnte der Charakter der Altstadt bewahrt werden. Straßen dienen den Menschen als Stadträume, nicht aber als Verkehrsräume für abgestellte Fahrzeugen.
Die autogrechte Stadt - Beispiel Hagen Car City - Hagen |
In München greift innerhalb des Altstadtrings das Parkraum-Management. Bis 19 Uhr kostet Parken 2,50 € je Stunde, bis 23 Uhr sind noch 1 € zu bezahlen. Anwohner der Altstadt dürfen zeitlich unbefristet und unentgeltlich parken.
Kopenhagen: In der inneren Stadt gibt es nur Bezahlparkmöglichkeiten Copenhagen: Car Parking in the city |
In Kopenhagen ist das Parken in der Innenstadt und den angrenzenden Stadtteilen kostenpflichtig. Die Preise für das Parken sind gestaffelt. Je zentraler desto teurer das Parken. Parken in der roten Zone (rund um die Fußgängerzone) kostet 4 € (30 DKK) / Stunde, in der grünen Zone (innerhalb des Wallrings) kostet es 2,40 € (18 DKK) / Stunde und in der blauen Zone (innerhalb Ring 2) 1,50 € (11 DKK) / Stunde in der Zeit von 8-18 Uhr, von 18-23 Uhr kostet Parken in allen Zonen 1,50 € (11 DKK) / Stunde und im Zeitraum 23-8 Uhr kostet es 0,40 € (3 DKK) / Stunde. Beim Falschparken innerhalb der Zonen sind 68 € (510 DKK) fällig.
Kopenhagen: Die Preisgestaltung der Parkmöglichkeiten richtet sich nach der Entfernung zum Stadtzentrum Copenhagen: Price of car parking depends on distance to the center |
In Amsterdam kostet das Parken im Zentrum 5 € je Stunde. Ähnlich wie in Kopenhagen reduziert sich die Parkgebühr mit der Entfernung zur Innenstadt. Wer außerhalb des Autobahnrings die P+R-Angebote nutzt bekommt für 8 € ein 24 Stunden-Ticket, das gleichzeitig als Tageskarte für den ÖV gültig ist.
In Basel wird es zukünftig kein freies Parken innerhalb der Innenstadt geben. Derzeit werden alle noch freien Parkplätze schrittweise umgewandelt in Bezahlparkplätze. In der Innenstadt kostet das Parken 2,45 € (3 CHF) je Stunde.
Stadtlandschaft wurde in Parkplatzlandschaft umgewandelt, deren Unwirtlichkeit nicht durch gut gestaltete Stadtparks aufgehoben werden kann, [. . . ]. (Prof. Dr. Hermann Knoflacher)
Es gilt heute mehr denn je eine Balance zu finden zwischen den Autolobbyisten, den Stadtbewahrern, den Mobilitätsbedürfnissen der Bewohner und Anliegerinteressen. Heute ist klar, dass das Modell der autogerechten Stadt nicht funktioniert. Zu viele Parkplätze fördern nicht die Mobilität, sondern blockieren den gesamten Verkehr, zerstören das Stadtbild und fördern die Suburbanisierung. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung und das Land NRW zeigen in einer neuen Broschüre die Konflikte zwischen Nahmobilität und Autoparken auf.
Ansätze einer zeitgemäßen Parkraumpolitik mit dem erklärten Ziel, für andere Nutzungen, z.B. Nahmobilität, zurückzugewinnen, sind in Deutschland bislang kaum existent. Stattdessen entspricht es der kommunalen Praxis, dass bei Nutzungskonflikten das Autoparken Vorrang erhält. Die folge: verstopfte Straßen, die mehr und mehr zu einem Hemmnis für alle Verkehrsarten werden.
Zweite-Reihe-Parker
behindern Bus- und Straßenbahnverkehr, Parkbuchten machen aus Radwegen engkurvige
Geschicklichkeitsparcoure und schränken die Sichtbeziehungen an Kreuzungen und
Einmündungen erheblich ein. Auch in Hamburg erdrückt die Überzahl an Parkplätzen die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt. Selbst bei aktuellen Radverkehrsprojekten gibt es immer noch Konflikte mit dem Autoparken. In der Adenauerallee werden Radfahrer im Verlauf der zukünftigen Veloroute 8 über Parkplätze geführt. Im Parkplatzsuchverkehr der Autofahrer müssen Radfahrer auf ihrem Weg auf der Veloroute absteigen und warten, während der Autoverkehr auf der Adenauerallee parallel dazu auf gesonderten breiten Fahrspur zügig und ungehindert fließt. In Tempo 30-Zonen, duch die Velorouten geführt werden, können Radfahrer und entgegenkommende Autofahrer sich nur schwer oder gar nicht begegnen, weil wie üblich beidseitig so viel Parkplätze wie gerade noch möglich eingerichtet sind. In sehr vielen Hamburger Straßen, wie z.B. der Langenhorner Chaussee und der Alsterkrugchaussee oder der Heimfelder Straße, sind die sogenannten "Radwege" wegen der ausgewiesenen "Parkplätze" zwischen "Radweg" und Fahrbahn nicht befahrbar. Die Politik ist bis heute überwiegend nicht bereit realen Platz für den Radverkehr bei unbenutzbaren, aber benutzungspflichtigen "Radwegen" zu schaffen. Die Novellierung der StVO von 1997 ist bis heute noch immer nicht umgesetzt, dank zahlreicher Politiker, die für den Vorrang für den Autoverkehr plädieren.
Die Reduzierung des Parkraums im öffentlichen Stadtraum ist
eine der zentralen Aufgaben der Stadt- und Verkehrsplanung der nächsten Jahre
und Jahrzehnte.
Autoparken und Radverkehr in Hamburg
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen New cycle route No. 8, Adenauerallee - Cycling through car parkings |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen: Im Parkplatzsuchverkehr der Autos müssen Radfahrer absteigen und warten |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen: Im Parkplatzsuchverkehr der Autos müssen Radfahrer absteigen und warten |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen: Im Parkplatzsuchverkehr der Autos müssen Radfahrer absteigen und warten |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee - Radverkehr auf Parkplätzen: Im Parkplatzsuchverkehr der Autos müssen Radfahrer absteigen und warten. Die gelbe Linie zeigt den Weg der Veloroute an |
Neue Veloroute 8, Adenauerallee / Kreuzweg mit Autos und zum Vergleich . . . . |
. . . . ohne Autos |
Beim Schlump: Bis unmittelbar vor dem Beginn des benutzungspflichtigen Radwegs darf geparkt werden, sodass Radler, die im slalom von der Fahrbahn auf den Radweg wechseln, radikal ausgebremst werden |
Autostadt Hamburg: Benutzungspflichtiger unbenutzbarer Fake-"Radweg" in der Langenhorner Chaussee Car city Hamburg: A fake "cycle track" next to car parkings along Langenhorner Chaussee |
Autogerechtes Hamburg: Benutzungspflichtiger unbenutzbarer Fake-"Radweg" und legalisiertes Geh- und Radwegparken (Verkehrszeichen 315) in der Langenhorner Chaussee |
Mehr . . . / More . . . :
- Parken ohne Ende - Eine AGFS-Broschüre zum Thema Nahmobilität und Autoparken (PDF - 1.Auflage, November 2012)
- Hamburgs Grüne wollen kostenloses Parken abschaffen (Hamburger Abendblatt, 02.10.2013)
- Parkverbot soll die Straßen für Radfahrer sicherer machen (Hamburger Abendblatt, 04.10.2013)