Nijmegen - Radwegbreite 4,3 Meter |
Nach einer aktuellen niederländischen Studie gelten alle Hamburger Radwege als unsicher und vor allem wesentlich zu schmal. Das Niederländische Transportministerium veröffentlichte dieses Jahr die Studie "Konflikte auf Radwegen - Phase 2", die das Radfahrerverhalten auf Radwegen in den Niederlanden untersuchte. Forscher beobachteten mithilfe von Kameras Radfahrer auf stark frequentierten Radwegen innerorts und in Erholungsgebieten und werteten die Konfliktsituationen unter den Radwegenutzern aus.
Auf schmalen Radwegen mit einer Breite von 1,75 Metern kam es häufiger zu Konflikten als auf breiteren untersuchten Radwegen. Hohe Radverkehrsaufkommen, geringe Breiten und fehlende Ausweichmöglichkeiten ließen relativ viele Konflikte beim Überholen auftreten.
Die Forscher empfehlen daher innerorts Radwege für den Einrichtungsverkehr mit einer Mindestbreite von 2,25 Metern anzulegen (wenn kein Mofaverkehr zugelassen ist, mind. 2,5 Meter bei zugelassenem Mofaverkehr) und bei Zweirichtungsradwegen außerorts oder straßenunabhängig geführt eine Mindestbreite von vier Metern.
Nijmegen - Radwegbreite vier Meter |
Was bedeutet dies für Hamburg?
Placebo-"Radwege"
Hamburg verkauft seit Jahrzehnten "Radwege" als Multifunktionsstreifen. Sie sind einerseits Parkplätze, Abstellflächen für Mülltonnen oder Fahrräder, sollen gleichzeitig noch als Radwege dienen und als Sicherheitsstreifen zwischen Radwegen und parkenden Autos. Diese klassischen Hamburger "Radwege" mit der Standardbreite von einem Meter unmittelbar neben legalisierten Parkplätzen können keine Radwege sein, das belegen die Radfahrer ohnehin eindeutig. Sie fahren fast ausnahmslos neben den "Radwegen" auf den Gehwegen, und alle Verantwortlichen schauen weg.
Auch neuere Radwege, die mit den neuerem Betonsteinformat von 25x25 cm angelegt wurden, sind im Regelfall nur 1,5 Meter schmal, also schmaler als die von den nierderländischen Forschern als konfliktträchtig angesehenen 1,75 Meter schmalen Radwege.
Placebo-"Radweg" in Hamburg: Unbenutzbarer, aber dennoch benutzungspflichtiger "Radweg" in der Habichtstraße |
Hamburgs Horrorradwege
Als besonders problematisch sind gerade die Hauptschlagadern des Radwegenetzes, also solche Hamburger Radwege einzustufen, die stark genutzt werden und wo daher häufig Überholvorgänge stattfinden. Dies sind z.B. die Radwege rund um die Außenalster, also auf der Kennedybrücke, entlang An der Alster, Schanenwik, Alsterufer (existierende Veloroute 4: 1,6 Meter Zweirichtungsradweg), im Alstervorland und Harvestehuder Weg, Krugkoppel und Fernsicht - allesamt Zweirichtungsradwege. Der Radfahrerpegel auf der Kennedybrücke misst etwa 8.000 Radfahrer am Tag. Extrem kritisch ist der häufig verschwenkte Zweirchtungsradweg An der Alster, da dort schnellere und langsame Radfahrer wegen der zahlreichen unübersichtlichen Kurven sich nicht überholen können und Gegenverkehr herrscht bei einer Radwegbreite von stellenweise nur 1,60 Metern. Der baulich nur bis zu 2,5 Metern breite Zweirichtungsradweg wächst immer wieder zu und wird viel zu selten auf die volle Breite zurückgeschnitten, sodass Radfahrer sich auf 1,6 Metern begegnen und gleichzeitg überholen sollen. Lange Kolonnen morgens und nachmittags in den Hauptlastrichtungen sind die Folge, da über längere Abschnitte Überholvorgänge unmöglch sind. Der Zweirichtungsradweg auf der Westseite der Alster am Alsterufer ist baulich nur zwei Meter breit und verlandet oder wächst regelmäßig auf eine Maximalbreite von stellenweise nur 1,5 Metern zu. Die niederländischen Forscher empfehlen hier jedoch eine Radwegbreite von vier Metern und sehen allein schon Einrichtungsradwege von 1,75 Metern Breite als unsicher an! Hamburgs Premuimradwege entlang der Velorouten, die die Radverkehrsströme der Stadt bündeln sollen, sollen auf nur 1,5 Metern Breite im Gegenverkehr hohe Verkehrsmengen bewältigen - ein wahres und nicht ungefährliches Kunststück.
Der Radweg auf der Ostseite der Außenalster in St. Georg, Teil zweier Freizeitrouten und Teilstück der geplanten Velorouten 5 und 6, müsste bis zur Eröffnung des bevorstehenden Veloroutenverkehrs auf jeden Fall verbessert werden.
Premiumradweg - Veloroute 4
Veloroute 4 - Harvestehuder Weg: Verlandung macht den Zweirichtungsverkehr unmöglich und führt zu Konflikten |
Veloroute 4 - Alsterufer: Gefährlicher Engpaß |
Premiumradweg - geplante Velorouten 5 und 6
geplante Velorouten 5/6 - Schwanenwik: Engpaß führt zu Konflikten |
geplante Veloroute 5/6 - An der Alster: Regelmäßige Verlandungen schränken die Verkehrssicherheit ein |
geplante Velorouten 5/6 - An der Alster: Während der morgendlichen Rush Hour ist eine Fahrt entgegen des Hauptstroms ein Höllentrip |
geplante Velorouten 5/6 - Schwanenwik: Morgens während der Rush Hour reicht der Radweg nicht für den Gegenverkehr |
Perspektiven für Hamburg
Neueste Veloroutenradwege haben als Zweirichtungsradwege lediglich eine Breite von 2,5 Metern, z.B. die im Bau befindliche Veloroute 8 parallel zur Hammer Landstraße zwischen Burgstraße und Hammer Steindamm. Doch perspektivisch soll sich der Radverkehrsanteil Hamburgs steigern von derzeit etwa 12,5% auf 18%. Radwege die heute angelegt werden, müssen auch in wenigen Jahren noch dasVerkehrsaufkommen sicher bewältigen können. Auch dieser Radweg sollte nach nierderländischen Sicherheitskriterien vier Meter breit gebaut werden.
Die relativ neue Brücke der Veloroute 11 im Hafen am Argentinienknoten hat eine nutzbare Breite von lediglich 2,5 Metern und ist nicht einmal ein reiner Radweg, sondern ein gemeinsamer Geh- und Radweg für den Zweirichtungsverkehr. Im weiteren Verlauf des "Radweges" der Veloroute 11 stehen zahlreiche Schilder, Masten und Pfosten mitten in der Verkehrsfläche, eine zusätzliche Gefahr beim Ausweichen, Überholen, usw.
Im Vergleich dazu hat der Zweirichtungsradweg auf der Waalbrücke in Nijmegen eine Breite von 4,30 Metern, zuzüglich eines angrenzenden Gehweges.
Dringend erforderlich wäre eine Überarbeitung der PLAST 9 bezüglich der Breiten für Radwege und Radfahrstreifen angepasst an höhere Radverkehrsmengen, vor allem aber bei allen Straßenneu- und Straßenumplanungen und beim Veloroutenbau im Bereich von Grünzügen eine Berücksichtigung breiterer Anlagen für den beabsichtigten höhreren Radverkehrsanteil unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der nierderländischen Studie.
Das fahrradfreundliche Holland muss unser Vorbild sein.Wir brauchen mehr Radwege und eine Fahrradkultur, um Lärm und Emissionen zu senken. (Umweltminister Peter Altmeier bei der Fahrrad-Sternfahrt in Berlin)
Premiumradweg - neue Veloroute 8
Derzeit im Bau: Veloroute 8 |
Veloroute 8 - Hammer Landstraße / Sievekingdamm: Der neue Radweg ist nur 2,5 Meter breit |
Neue Veloroute 8 - Gerade fertig und schon zu schmal: Laut einer aktuellen Verkehrssicherheitsstudie müsste dieser Radweg statt 2,5 Metern vier Meter breit sein |
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Erst letzte Woche war ich in Bocholt an der deutschen Grenze zu den Niederlanden. Wir sind sehr viel mit dem Fahrrad in die Niederlande gefahren. In Winterswijk und Aalten wird der Verkehr, wo immer möglich, auf der Straße mit Schutzstreifen oder auf Rad"autobahnen" geführt. Gute Verkehrsführungen, rücksichtsvoller, Fahrrad gewohnter Autoverkehr, ein Traum.
AntwortenLöschenBocholt ist dagegen ein Kind der 70er Jahre - konsequent an jeder Kreuzung Benutzungspflicht für die Hochbordradwege. Allerdings ist die Stadt auch nicht schlecht zu fahren, da die Radwege und Radverkehrsführungen in der Regel in Ordnung sind. Dennoch fällt der Unterschied schon auf.
Am Wochenende dann durfte ich von Harburg mit dem Rad nach Hamburg Mitte, weil die Bahnstrecke gesperrt war. Der neue Radweg zum Elbtunnel ist zwar m.E. ok (die Kritik hier fand ich überzogen), auch sonst war es zumindest ok befahrbar - aber es liegen Welten zu den Niederlanden.
Ganz schlimm wird es dann an den Landungsbrücken bzw. auch in der Hafencity, und jedenfalls letzteres ist mir völlig unverständlich.
2,5m Zweirichtungsradwege sind jedenfalls schon besser als nichts. Nicht ideal, aber besser als die bisherigen 70cm. Wenn man das in Hamburg konsequent bauen würde, wäre schon viel erreicht.
Stattdessen gibt es so legendäre Verkehrsführunge wie an der Bundesstraße Richtung Uni - m.E. mal einen eigenen Beitrag wert.
Michael S.
Ich frage mich, wie es angehen kann, dass die Straßenverkehrsbehörden trotz ständig neuer Belege dafür, dass Radwege um ein Vielfaches gefährlicher sind, als das Fahrbahnradeln, sämtliche rechtswidrigen Radwegebenutzungspflichten aufrecht erhalten. Die Beweislast muss dringend umgekehrt werden: Erst muss der Nachweis erbracht werden, dass eine Radwegebenutzungspflicht aufgrund einer besonderen Gefahrenlage zwingend notwendig ist (§ 45 Abs. 9 StVO), dann kann sie angeordnet werden. Zurzeit wird in Hamburg und anderswo geltendes Recht mit Füßen getreten!
AntwortenLöschenDa fehlt noch was: Erst muss der Nachweis für die Erfordernis aufgrund einer außergewöhnlichen Gefahrenlage erbracht werden, dann muss geprüft werden, ob der "Radweg" den Kriterien für eine Benutzungspflicht gerecht wird, und erst wenn er diese Prüfung besteht, erst dann darf er b-pflichtig werden.
LöschenGibt es eine besondere Gefahrenlage, aber genügt der "Radweg" nicht den Anforderungen (Breite, Oberflächenbeschaffenheit, regelmäßige Wartung, Linienführung, Erkennbarkeit für einen Ortsunkundigen), dann muss die Straßenverkehrsbehörde im Benehmen mit der Straßenbaubehörde nach Alternativen suchen, z.B. Tempo 30 und Fahrbahnradeln, oder Radstreifen, Schutzstreifen, usw. . . .
"Hamburger Radwege sind zu schmal."
AntwortenLöschenDa kann ich nur 100%ig zustimmen. Fahre täglich aus Ohlsdorf die Alster bzw. Außenalster entlang. Am Konsulat unserer amerikanischen Freunde kommt es regelmäßig zu Vollbremsungen.
Schön, dass hier mal die Velorouten ins Visier genommen werden.
AntwortenLöschenWir planen eine Volkspetition zu den Velorouten in Hamburg.
https://www.dropbox.com/s/sm3m4v8h5f4ynxa/WIR Petition end 2.doc
Sorry, dropbox verhunzt leider das Layout. Wir sind noch ein bisschen wenig Leute und würden uns über Unterstützung sehr freuen.
Wir treffen uns nächsten Mittwoch, den 07.08. um 18.30 Uhr in der Q-Bar, Silbersacktwiete 6, das ist auf ST.Pauli.