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30. Mai 2016

Das Unmögliche möglich machen: CDU Hamburg fordert den autoverkehrsgerechten Radverkehr

Impossible: CDU calls for the car-friendly cyclist in Hamburg
Aktualisiert am 31.05.2016

Mit der CDU zurück zum Radweg - © Stefan Warda


Mit der CDU zurück zu schmalen Radwegen

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg hat heute ein CDU-Radverkehrskonzept für Hamburg vorgestellt. Damit möchte er sich eindeutig von der jetzigen rot-grünen Senatspoltik absetzen, die Hamburg zur "Fahrradstadt" machen will. Als Leitbild für das Radverkehrskonzept stellt sich die CDU einen "zeitgemäßen Mix aus Autos, Bahnen, Bussen, Fähren und Fahrrädern" vor. Die natürlichste Art der Mobilität, das zu Fuß gehen, fällt im Leitbild aus. Dennis Thering sieht das CDU-Radverkehrskonzept jedoch in einer Linie mit der 2008 unter CDU-Senat erarbeiteten "Radverkehrsstrategie für Hamburg".

Thering fordert in dem heute veröffentlichten Papier das Unmögliche: Einerseits soll es einen "Bestandsschutz für PKW-Parkplätze" geben, andererseits soll es dazu zusätzlich mehr Lieferzonen geben, damit Lieferverkehre nicht als Zweite-Reiher-Parker den Verkehr behindern. Zudem soll es bei Straßen mit mindestens 15.000 Autos am Tag und einem Schwerlastanteil von mehr als drei Prozent zwingend Hochbordradwege geben, die jedoch so breit sein sollen, dass sie für Lastenräder und Kinderanhänger geeignet seien. Selbstredend müssen die gültigen Regelwerke auch unter einem CDU-Senat in Hamburg eingehalten werden.

Demnach wären beispielsweise am Maienweg zwingend breite Radwege erforderlich, alle bisherigen mit Verkehrszeichen 315 erlaubten Stellplätze sollen erhalten werden. Entweder würde der Fußgängerverkehr am Maienweg verboten, um ausreichend breite Radwege bauen zu können, oder aber die Kleingärten müssten Flächen abgeben für eine Verbreiterung des Straßenraums. In der Krausestraße müsste es neben benutzbaren Gehwegen ausreichend breite Radweg - im Bereich der heutigen Straßenbäume (?) - geben. Alle heute legalisierten Stellplätze sollten gemäß Thering erhalten bleiben. Ob da noch Platz für den Autoverkehr übrig bliebe, ohne alle Straßenbäume zu fällen? Einen Bestandsschutz für Bäume verlangt die CDU nicht.

Insgesamt scheint Thering sich von der Radverkehrsstrategie für Hamburg dennoch loslösen zu wollen. Denn zum Ausbau der Radverkehrsanlagen heißt es darin:

Bei der Verbesserung vorhandener Radwege gilt der Grundsatz „Qualität vor Quantität“. Wenn Radwege zu schmal sind oder Sicherheitsräume zu parkenden Fahrzeugen fehlen, reicht eine einfache Belagserneuerung nicht aus. Dann ist der Querschnitt neu aufzuteilen und ggf. der Einsatz alternativer Führungsformen wie Radfahrstreifen oder Schutzstreifen zu prüfen. Dabei sollen im Interesse einer gleichberechtigten Behandlung des Radverkehrs im Straßenverkehr grundsätzlich die in den Regelwerken empfohlenen Standardmaße verwirklicht werden. Eine Beschränkung auf die Mindestmaße erfolgt nur bei unabweisbarer Notwendigkeit.

Will Herr Thering etwa unwissenden oder alles glaubenden Hamburgern vorgaukeln, in allen Hamburger Hauptverkehrsstraßen ausreichend breite regelkonforme Radwege unterbringen zu können, ohne dass ein einziger legaler Stellplatz verloren ginge und zusätzlich noch weitere Lieferverkehrszonen eingerichtet werden könnten? Zweifel sind angebracht, wenn nicht Fahrspuren reduziert werden, Bäume gefällt, Häuser abgerissen oder ggf. der Autoverkehr in Tunnel verlegt wird.
 
Außerdem fordert die CDU in ihrem Papier mehr Querungsstellen für Kinder und mobilitätseingeschränkte Personen: "Die Abstände zwischen den Querungsstellen sollen so kurz wie möglich und so groß wie nötig sein." Aber genau diese CDU forderte letztes Jahr weniger Grünzeiten für Fußgänger zur Querung der Elbchaussee in Ottensen.

  • Nebenbei setzt sich die CDU für Ampelgriffe ein.
  • Das Leihradsystem "StadtRAD" sollte auch Lastenräder anbieten.
  • Thering schlägt vor auf der aufgelassenen Güterbahnlinie Ohlsdorf - Ochsenzoll einen Radschnellweg einzurichten. Von 6,5 Kilometern dieser Strecke dienen jedoch 4,8 Kilometer als Ausgleichsfläche für den Bau der Flughafen-S-Bahn. Lediglich ein Teilabschnitt nördlich des Bahnhofs Langenhorn-Nord bis Bahnhof Ochsenzoll stünden neuen Nutzungen zur Verfügung.

Besitzstandswahrung: Für die CDU ist der Radverkehr nur dann zeitgemäß, wenn er dem Autoverkehr untergeordnet wird

Die CDU möchte mit der Fixierung der Menge an Autostellplätzen und der Anzahl der Fahrspuren auf Hauptverkehrsstraßen Autofahrern keine Anreize geben, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen, sondern die Anzahl der Autos in unserer Stadt behalten. Der Radverkehr soll zum Autoverkehr eher untergeorndnetes Beiwerk sein, als ein gleichberechtigter Partner.

Die CDU-Vertreter werfen dem Senat Ideologie vor, doch ihr Konzept hat ein bitteres Geschmäckle. Der Bestand an Flächen für Stehzeuge soll unangetastet bleiben. Das grenzt den Spielraum für die Sanierung von Radwegen erheblich ein. So könnte in vielen Straßen, wie z.B. auch in der Walddörferstraße, kein nach deutschen Regelwerken gültiger Standard für den Radverkehrsanlagenbau eingehalten werden. Außerdem soll nach CDU die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes für den Autoverkehr durch den Radverkehr in keiner Weise beeinträchtigt werden. Für das von der CDU angeführte Beispiel Rugenfeld würde dies bedeuten, dass entweder die zu schmalen noch vorhandenen Hochbordradwege unmittelbar im Wurzelbereich der alten Straßenbäume erhalten blieben und nicht auf geltende Regelwerkestandards verbreitert würden, oder aber die Straßenbäume würden gefällt, um die notwendige Verbreiterung der Radwege zu ermöglichen und vor weiteren Würzelschäden zu schützen. Pikant ist der NDR-Beitrag, der in den Szenen zum Rugenfeld Gehwegradler zeigt, die regelwidrig neben den zu schmalen und beschädigten Fakeradwegen radeln.
 
Interessant ist allerdings, dass die CDU in ihrem Radverkehrskonzept keine Zeile zum Baumschutz verliert. Werden Radwege auf Kosten der Straßenbäume ausgebaut, oder soll alles bei den alten, schmalen Fakeradwegen neben schmalen Gehwegen bleiben? Zwar erwähnt das Konzept die kontinuierliche Zunahme des E-Bike-Absatzes in Deutschland, schmale "Radwege" neben schmalen Gehwegen sind aber keine Antwort darauf.




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4 Kommentare:

  1. Das CDU-Konzept scheint mir auch autoverkehrspopulistisch. Einige verbreitete Falschheiten und Irreführungen in dem Konzept sind ärgerlich. So ist zu lesen, dass es keine europäische Großstadt (> 600 000 Einwohner) mit mind. 25 Prozent Radverkehr gebe. Es vergleicht die Kernstadt Kopenhagen mit Hamburg (insgesamt), obwohl das Ballungszentrum (1, 3 Millionen) mit Hamburg verglichen werden müsste.

    Die Grenze von 600.000 dient wohl auch dazu, nicht nach Bremen schauen zu müssen.

    Überhaupt möchte sich Thering lieber mit München, Berlin, Paris, Barcelona, und London vergleichen. Tun wir das: Was passiert denn in diesen Städten gerade. Richtig:
    - Radlhauptstadt (M),
    - Fahrradvolksentscheid (B),
    - Innenstadt als Tempo-30-Zone (Paris),
    - in Superblocks wird der Autoverkehr bis auf die größte Straße auf 20 km/h heruntergeregelt (Barcelona) und
    - milliardenschwere Investitionen in den Radverkehr (London).
    Selbst das autogerechte Köln bewirbt sich seit einiger Zeit als "Fahrradstadt".

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  2. Heute abend ist die Auftaktveranstaltung zur Planungswerkstatt Max-Brauer-Allee. Hochbordradwege auch da, gerne würde ich von Thering hören, wie er das realisieren will. ich hoffe auf CDU-Vertreter heute abend. dann kann ich ja da mal nachfragen ;-)

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  3. Das kennt man von Herrn Thering. Sich nicht die Zeit nehmen, um sich ordentlich zu informieren. Aber allen anderen Diskussionteilnehmern blinde Ideologie vorwerfen. Setzen! Sechs!

    Die CDU scheint nach dem Leitspruch zu verfahren: "Ich fahre, also bin ich. Wer sich kein Auto leisten kann / will, ist selber Schuld" Wie lässt sich sonst der fehlende Fußverkehr in deren Strategie erklären?

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  4. Das kommt also dabei raus, wenn von der CDU ein neues Radverkehrskonzept vorgelegt wird: Die eierlegende Wollmilchsau - Die Bedingungen für den Radverkehr sollen verbessert werden, ohne, dass dies zu Lasten anderer Verkehrsarten geschieht. Dieses Konzept wird an den konkreten Fragen á la "Hier ist Straße X mit zwei KFZ-Fahrspuren, einer KFZ-Parkspur, einem sehr schmalen, schlecht ausgebauten Radweg und einem relativ schmalen Gehweg. Wie verbessern wir hier jetzt die Verhältnisse zugunsten des Radverkehrs?" scheitern. In Großstädten wird sich im Endeffekt fast gar nichts ändern, wenn dem KFZ-Verkehr nichts weggenommen wird.

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