Seiten

4. März 2014

Radfahrerklage: Weiterer Erfolg im Fall Behringstraße

Lawsuit of Cyclist: New Success in Case of Behringstraße


© hamburgize.com / Stefan Warda
Gestern abend in der Behringstraße: Die beklagten VZ315 sind entfernt worden.


Im Fall Behringstraße wurde neulich eine zweite Hürde übersprungen. Nachdem auf Klage eines Radfahrers die Straßenverkehrsbehörde einwilligte die unrechtmäßigen Verkehrszeichen 315 neben dem benutzungspflichtigen "Radweg" in der Behringstraße entfernen zu lassen sind diese kürzlich tatsächlich zehn Jahre nach umstrittener Anbringung entfernt worden. Damit hatte die Straßenverkehrsbehörde eingestanden, dass das Parken im Gehwegbereich unmittelbar neben oder gar auf einem schmalen Radweg nicht vereinbar mit der Anlage eines Radwegs ist. Zwar parkten gestern die Autos weiterhin wie gewohnt an gleicher Stelle - als Kampfparker, doch die Straßenverkehrsbehörde kündigte schon an den Radweg ggf. auch mit Pollern freizuhalten. Im Verkehrsausschuss Altona erläuterte Herr Heitmann, der straßenverkehrsbehördliche Leiter vom PK 25, dass die angrenzende Wiese zwischen Gehweg und den Großsiedlungsbauten am Friedrich-Ebert-Hof und den anderen Wohnblöcken unter Milieu- und Denkmalschutz stehe und nicht genutzt werden könne.

Die meisten Autos seien breiter als zwei Meter und würden auf dem Radweg parken. Das PK 25 müsse jedoch gewährleisten, dass ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer zur Verfügung stehe. Dafür sei die Behringstraße zu schmal.
Kürzlich habe es im Germerring [nördlich angrenzend an Behringstraße] ein Feuer gegeben, zu dem die Feuerwehr von zwei Seiten nicht durchgekommen sei. Die intensive Überwachung verstärke den Parkdruck. Wenn der Radweg aufgegeben werden solle, müsse dieser zurückgebaut werden. Die Radfahrer würden dann auf der Straße fahren [müssen]. Auch den Schutz der Bäume gelte es zu berücksichtigen.

Nun müssen auch und werden wohl Konsequenzen folgen, die bewirken, dass zukünftig das Kampfparken am und auf dem Radweg in der Behringstraße beendet wird. Die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde blieb jedoch nicht unumstritten.


Kampfparken gestern abends in der Behringstraße

© hamburgize.com / Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda

© hamburgize.com / Stefan Warda



Interessant war der Vorschlag des CDU-Politikers Tim Schmuckall auf den Radweg zu verzichten, damit das Parken auf dem Radweg weiterhin Bestand haben kann. Schmuckall ist mit diesem Vorschlag vollkommen auf Linie der Hamburger Tradition Radwege Schritt für Schritt in Parkplätze umzuwandeln. Diese Art der Verkehrsplanung widerspricht jedoch vollkommen der Radverkehrsstrategie für Hamburg von 2008, nach der Hamburg den Radverkehrsanteil verdoppeln wollte. Mit der Eliminierung von Radwegen und der Vertreibung der Radfahrer auf Fahrbahnen verkehrsreicher Hauptstraßen macht man bisherigen Autofahrern jedoch kein schmackhaftes Angebot ihr Auto stehenzulassen und sich stattdessen auf den Fahrradsattel zu schwingen.  


Zehn Jahre Kampf um benutzbare Radwege in der Behringstraße

Der Kampf um benutzbare Radwege in der Behringstraße begann 2003. Damals war das Parken am und auf dem Radweg noch nicht erlaubt, wohl aber am Fahrbahnrand. Da jedoch Autofahrer intuitiv darum bemüht sind den Verkehr beim Parken nicht zu behindern (aus Sicht der Autofahrer handelt es sich beim Verkehr nur um Autoverkehr) wurde auf und am Radweg geparkt. Der später klagende Radfahrer begann im Rahmen einer Aktion "Radweg oder Parkplatz" in der ersten Stufe die Fahrzeughalter auf das Fehlverhalten hinzuweisen. Nachdem Stufe 1 ergebnislos blieb wurden die Fahrzeughalter in Stufe 2 angezeigt. Daraufhin gab es zahlreiche Proteste der Kampfparker bei den Behörden und in den politischen Gremien. Die damalige Straßenverkehrsbehörde entschied dann das Kampfparken am und auf dem Radweg zu legalisieren. Die Verkehrszeichen 315 wurden 2004 aufgestellt. Nach erfolgloser Klage gegen die Verkehrszeichen 237 (Radwegbenutzungszwang) klagte ein Radfahrer gegen die neu angebrachten Verkehrszeichen 315, die das vormalige Kampfparken erlaubten. Jetzt 2014 wurde wieder der Ausgangzustand des Streits um benutzbare Radwege wie im Jahr 2003/2004 erreicht. Der Radwegzwang ist unverändert angeordnet, Parken am und auf dem Radweg ist verboten.
 

© hamburgize.com / Stefan Warda
Behringstraße / Windhukstraße im Januar 2014 mit VZ315

© hamburgize.com / Stefan Warda
Behringstraße / Windhukstraße gestern abends ohne VZ315


Sprengkraft des Urteils

Das errungene Urteil und die nun erreichten Maßnahmen haben eine enorme Sprengkraft für viele andere unsinnige "Radverkehrsführungen" in Hamburg. Bislang galt nämlich immer möglichst freie Fahrt für Autofahrer an Hauptverkehrsstraßen. Für Radfahrer gab und gibt es an zahlreichen Straßen immer noch keine benutzbaren Radwege, doch diese "sollen" benutzt werden, damit Radfahrer den Autoverkehrsfluß nicht stören. In erster Linie werden benutzungspflichtige "Radwege" durch legalisiertes Parken am oder auf dem "Radweg" beeinträchtigt. Behördenvertreter, Politiker und ganz allgemein alle Hamburger haben bislang geduldet, dass Radfahrer in solchen Straßen neben den benutzungspflichtigen - aber unbenutzbaren - Fake-Radwegen auf den angrenzenden Gehwegen regelwidrig gefahren sind. So konnte zusätzlich zum nicht beeinträchtigten Autoverkehrsfluß gleichzeitig auch noch virtueller Parkraum geschaffen werden - auf den Radwegen. Die "Radwege" hatten bislang eine Mehrfachfunktion: Parkraumvorsorge, Anzeige des Fahrbahnverbots für Radfahrer, maximaler Autoverkehrsfluß auf der Fahrbahn, Ausbremsen des Radverkehrs auf ein für die autogerechte Stadt zu verschmerzendes Minimum. Die Straßenverkehrsbehörden in anderen Stadtteilen Hamburgs müssen sich nun auf Gegenwind gegen die althergebrachte Verkehrspolitik einstellen. Auch in der Langenhorner Chaussee, der Fuhlsbüttler Straße oder dem Poppenbütteler Weg müssen Konsequenzen folgen. Unbenutzbare Fake-Radwege wegen Parken auf dem "Radweg" zwingt laut der Straßenverkehrs-Ordnung zum Fahrbahnradeln. Die Mehrfachnutzung der Radwege muss ein Ende haben: Entweder fallen die Verkehrszeichen 237 und die "Radwege"-Rudimente werden zurückgebaut, oder die Verkehrszeichen 315 werden entfernt inklusive Sicherung der Radwege gegen Kampfparken. Dem Parken ohne Ende wurde in der Behringstraße vorerst ein Riegel vorgeschoben.


Mehr . . . / More . . . :

.

5 Kommentare:

  1. Das ist doch interessant: wenn Radwege anfangen zustören, werden sie zur Disposition gestellt. Da mir jedes rechtmäßige Ergebnis Recht ist, wäre für mich auch der Rückbau der Radwege in Ordnung. Dann fahre ich halt auf der Fahrbahn (gem. § 2 StVO allgemein und zu Recht der richtige Platz für den Radfahrer). Aber wenn die geparkten Autos da weg sind und damit Platz für Laub und Schnee geschaffen ist, wird's wohl auch auf dem Radweg gehen, wenn auch weniger gut (Rechtsabbieger haben bei der Trennung zwischen Fahrbahn und Radweg sicher auch ihre Probleme).

    DrFB

    AntwortenLöschen
  2. Hm, also einen befahrbaren Radweg sehe ich nur links der Z 237. Komischerweise fährt da auch ein Bus rum...

    Grüße von der Oberelbe

    flueggus

    AntwortenLöschen
  3. Hallo an alle,

    Ich denke nicht, dass es man die Autofahrer als Kampfparker bezeichnen sollte. Es gibt einfach in der Stadt zu wenige Parkplätze, ebenso wie es zu wenige Radwege gibt. Es bringt nichts wenn alle aufeinander schimpfen. Man sollte versuchen gemeinsam eine Lösung zu finden. Und ganz im Ernst, dieser Radweg ist noch total im Rahmen! Die Autos parken nur parallel zum Radweg und manchmal lugt eins halt ein bisschen weit auf den Radweg. Da kann man bequem Abstand halten. Ich wohne selbst an der Ecke und nutze Rad, Auto & Bus. Es macht mir nichts aus dort zu fahren. Fahrt mal Richtung Ostdeutschland - da hat man mancherorts nicht mal das Wort Radweg gehört.

    Ich hoffe man findet eine gemeinsame Lösung, die gut für alle ist. Vielleicht weniger Rasen? Aber dann beschweren sich die Hundehalter. Oder man verengt die Behringstraße auf eine Spur (in jede Richtung) & nutzt die zweite Spur als Radweg?

    liebe Grüße aus Ottensen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Schöne Vorschläge zur Behringstraße, aber in den nächsten Jahrzehnten utopisch. Im übrigen sind keine Radwege besser als solche. Insofern ist "Ostdeutschland" schon fast wieder im Trend.

      Zum Kampfparker:

      Schreiben wir doch, was sowie vorliegt: Rüpelplanung vom Feinsten. Denn die PLAST 6 (Hamburger Richtlinie für die Einrichtung von Parkplätzen) wie auch die Sicherheitsempfehlungen der Straßenverkehrsbehörde sind da - zu Recht ganz eindeutig: Radfahrer brauchen einen Sicherheitabstand zu geparkten Kfz, sollten ihn zugestanden bekommen und dann auch einhalten. Wenn sie ihn nicht zugestanden bekommen, ist das nichts weniger als ein Skandal.

      Man könnte ja auch mal Sozialhilfebescheide mit der Mitteilung verschicken, dass der Staat kein Geld mehr hat und es deshalb nichts gebe. (Szenario 1 entsprechend Behringstraße vor dem 5. März 2014)

      Dann könnte man Sozielhilfe aber auch festsetzen, dann aber einfach nicht auszahlen, weil der Staat kein Geld mehr hat (Szenario 2 entsprechend Behringstraße nach dem 4. März 2014)

      Wie lange würde der Staat damit wohl durchkommen?

      Man kann sich aber auch mal fragen wieso jemand in die Behringstraße zieht und sich dann ein Auto kauft und schließlich auch noch der frechen Ansicht ist, er müsse dies vor seinem Haus parken. Dies Frage geht zumindest an alle, die nach dem 4. März 2014 dort zuziehen.

      DrFB

      Löschen
  4. Es gibt nicht 'zu wenig Parkplätze' es gibt zu viele Autos sowie zu wenig 'carsharing'.
    Ausserdem sind die limits bei pedelecs viel zu streng kapitalistisch.
    Im nachbarland Osterreich gibt es zudem kein zwanghaft verordnetes pedalieren. Aber der ganze rest der EU muss pedalieren auf anornung aus Brussel...
    Elektrische Fahrräder insbesondere auch lastenräder ersetzen Autos wenn die limits nicht so niedrig wären.

    LG

    AntwortenLöschen