18. Juli 2017

Norderstedt: Radverkehrsunfreundliche Kommune verlangt an Kreuzung schieben statt radfahren

Norderstedt: Cycle-unfriendly city asks cyclists to dismount for turning to the right
Aktualisiert um 19:53 Uhr

Links eine Kampfradlerin auf dem Gehweg an der Kreuzung Ulzburger / Steindamm (linke Straßenseite ein reiner Gehweg, rechte Straßenseite Gehwegbenutzungspflicht im Zweirichtungsbetrieb): Radler aus Richtung Norderstedt-Mitte, die im Verlauf der Ulzburger Straße der Gehwegbenutzungspflicht folgen und am Steindamm rechts abbiegen wollen, wurden von den Verkehrsplanern nicht berücksichtigt. Auf der anderen Straßenseite gibt es keine Radverkehrsanlagen, der Steindamm hat keine Radverkehrsanlagen. also müssen Radler an der Ampel betteln, beim Warten auf Grün blockieren sie solange den Fuß- und gegenläufigen Radverkehr, dann über die Fahrbahn schieben, auf der anderen Straßenseite bis zur Straßenecke schieben und sich dann in den Mischverkehr einfädeln. Alternativ dürfen Radfahrer - die schließlich keine Fußgänger sind - an der letzten sicheren Gelegenheit vor der Kreuzung den linken Gehweg verlassen und bis zur Kreuzung mit dem Steindamm die Fahrbahn der Ulzburger Straße benutzen. Falls geeignete Querungsmöglichkeiten vor der Kreuzung Steindamm fehlen, kann dies die letzte signalisierte Querungsstelle vorher sein. Selbstverständlich für die autogerechte Stadt ist das Abbiegen von Norden kommend nach links in den Steindamm über die Fußgängerfurt auch nicht möglich. Auch in dem Fall müssen Radler gemäß StVO rauf auf die Fahrbahn - trotz VZ240 - und direkt links abbiegen - © Stefan Warda
Old school and progressive cycling in Norderstedt at Ulzburger Straße / Steindamm


Die radverkehrsunfreundliche Kommune Norderstedt verlangt von Radfahrern an manchen Kreuzungen sich in Fußgänger zu verwandeln. Um an der Kreuzung Ulzburger Straße / Steindamm von der Hauptstraße in die Nebenstraße abzubiegen, sollen Radfahrer vom Fahrrad absteigen und in den Fußgängermodus wechseln. Dies hat ein Mitarbeiter der Verwaltung über das "RADar!"-Programm schriftlich bestätigt.

Für eine sicherere Querung sollte derzeit gehender Weise die Fußgängersignalanlage genutzt werden. Umso die Ulzburger Straße zu queren, wie auch danach den Steindamm um auf die rechte Fahrbahnseite zu gelangen.

Von Autofahrern wird an gleicher Kreuzung keine solche Schikane verlangt. Autofahrer dürfen für die gleichen Wegebeziehungen fahrend die Kreuzung passieren. Einziger Trost: Die Kreuzung soll demnächst neu überplant werden.

Die Stadtverwaltung verscheigt allerdings, dass Radfahrer gemäß StVO dennoch die Kreuzung fahrend pasieren dürfen: Wer sich derzeit als Radfahrer an der betroffenden Kreuzung betätigen will, darf jedoch trotz der Auffassung der Verwaltung radfahrend die Kreuzung passieren. Dazu muss er jedoch entgegen der Gehwegbenutzungspflicht rechtzeitig vor der Kreuzung den Gehweg verlassen und auf der Fahrbahn fahrend die Kreuzung passieren. Die Straße ist keine Kraftfahrzeugstraße, für Radfahrer Wegebeziehungen zu verbieten ist dort nicht zulässig. Für die verquere Ansicht, dass Radfahrer innerstädtische Kreuzungen nicht passieren dürfen, verdient die Stadt Norderstedt, die als Mitglied in der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs in Schleswig-Holstein (RAD.SH) besonders "fahrradfreundlich" sein will, einen Negativpreis als besonders radverkehrsunfreundliche Kommune.


Norderstedt, Ulzburger Straße: Radweglücke im Bereich einer Bushaltestelle (Fahrbahnbenutzungspflicht) - © Stefan Warda


Das vermeintliche Schieben an der Kreuzung Ulzburger Straße / Steindamm ist nicht der erste Fall einer blamablen Antwort der Stadtverwaltung im Rahmen des "RADar!"-Programms. Zu den Lücken im Verlauf des eigentlich b-pflichtigen Radwegs entlang der südlichen Ulzburger Straße, wo an Bushaltestellen Gehwegabschnitte den Radwegverlauf trennen, behauptete die Stadtverwaltung via "RADar!", dass Radfahrer dort auf den Gehwegen fahren müssten, obwohl keine Verkehrszeichen das Radfahren dort auf den Gehwegen erlauben oder gar vorschreiben. Noch haben einzelne Mitarbeiter der Stadtverwaltung wenig Fachkenntnisse bezüglich der gültigen Richtlinien und Rahmenbedingen für den Radverkehr. Norderstedt muss auf dem Gebiet dringend nachbessern.


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2 Kommentare:

  1. Aber was ist daran fahrradunfreundlicher als der Zustand in anderen Kommunen, dass das besonders ausgezeichnet werden muss? Das ist leider die Standard-Realität.

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  2. Mein Eindruck ist, dass in NO fast alle Radfahrer auf fast allen Wegen abseits von Fahrbahnen in allen nur erdenklichen Richtungen unterwegs sind. Egal, ob das erlaubt oder gefordert ist. Deshalb kommt dort und eben auch ganz speziell in der Ulzburger Str. für mich nur Fahrbahnradeln in Frage. An zu knappes Überholen und Gehupe von Automenschen habe ich mich in zig Jahren im hamburger Stadtverkehr gewöhnt ...
    Sind wahrscheinlich in Norderstedt zum großen Anteil die gleichen, wenn nicht sogar die selben Autofahrer, die auch in Hamburg so herumdüsen.

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