5. November 2015

Norderstedt: Mit Radfahren auf der Fahrbahn den Radverkehr "fördern"

Norderstedt want to "promote" cycling by cycling on the the road lanes



© hamburgize.com / Stefan Warda
Norderstedt, Ulzburger Straße: Neues Fahrbahnradeln mit 20.000 Autos am Tag. Diese ältere Radlerin, die vollkommen regelkonform auf der Fahrahn radelte, wurde von Autofahrern angehupt


Neuer verkehrsberuhigter Geschäftsbereich bei Tempo 30

Norderstedt feierte vor kurzem die Eröffnung des ersten erneuerten Abschnitts der Ulzburger Staße. Die Ulzburger Straße, die in Nord-Süd-Richtung quer durch Norderstedt führt, hatte bislang auf dem nördlichen Ast nur Gehwege, von denen der westliche von Radlern in beide Richtungen mitbenutzt werden musste. Dieses Muster wurde nun durch den Umbau der Ulzburger Straße im Bereich des Geschäftsviertels rund um die Kreuzungen mit der Waldstraße und dem Weg am Denkmal abgelöst. Die neue Ulzburger Straße hat einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich bei Tempo 30 bei einer Verkehrsbelastung von 20.000 Autos am Tag. Radler werden dort auf die Fahrbahn aufgeleitet. Ein Multifunktionsstreifen zwischen den beiden Fahrspuren soll das Überholen der langsameren Radler ermöglichen. Sprunginseln sollen Fußgängern das Queren der Fahrbahnen ermöglichen.


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Norderstedt, Ulzburger Straße: Vom Gehweg müssen Radler im verkehrsberuhigten Geschäftsbereich auf die Fahrbahn wechseln


Für gute Radwege hat es auf der neuen Ulzburger Straße nicht gereicht

Radler, die in Norderstedt bislang das Gehwegradeln gewohnt waren, müssen nun auf die Fahrbahn ausweichen. Dies wird von der Stadt wie auch vom ADFC als sichere und vorbildliche Lösung angesehen. Bei einer Probefahrt an einem Samstagnachmittag gab es zwar deutlich weniger Verkehr als in den Spitzenzeiten an Werktagen morgens und frühabends. Doch selbst dabei hatten nicht alle Autofahrer in den langen Fahrzeugschlangen ausreichend Geduld. Bei manchen langsameren Radlern auf der Fahrbahn wurde gehupt. Besonders ungeduldig werden Autofahrer, wenn Radler an den Fußgängersprunginseln nicht ünerholt werden können. Das ist nun kein schönes Ergebnis für eine Stadt, die sich selbst gern als fahrradfreundliche Stadt darstellt. Ängstliche Radler, die vorher gewohnt waren abseits der Fahrbahnen zu radeln, werden nun auf die Fahrbahn gezwungen und dort von Autofahrern bedrängt. Für sichere und ausreichend breite Radwege hätte es zwar gereicht, jedoch wäre dann weniger Platz für Stehzeuge geblieben.


Fahrbahnradeln an einem Samstagnachmittag

© hamburgize.com / Stefan Warda

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Im südlichen Teil hat die Ulzburger Straße überwiegend beidseitig ausreichend breite Radwege. Nördlich der Rathausallee bzw. des Alten Kirchenweges hatte die Ulzburger Straße vor dem Umbau bis zur Waldstraße lediglich einen einseitigen Zweirichtungsradweg. Von der Waldstraße weiter Richtung Norden gab es gar keine Radwege. Dort war das Radeln auf dem westlichen Gehweg vorgeschrieben – für beide Fahrtrichtungen.


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Norderstedt, Ulzburger Straße / Weg am Denkmal: Aus Richtung Norden müssen Radler den westlichen Gehweg befahren

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Dachsweg: Hier endet der Radweg. Eine Trennung zwischen Geh- und Radweg ist nicht vorhanden, wie das Verkehrszeichen 241 suggeriert

Seit dem Umbau ist ab der Rathausallee bzw. dem Alten Kirchenweg das Radeln auf dem östlichen Gehweg in Richtung Norden bis zum verkehrsberuhigten Geschäftsbereich vorgeschrieben. So werden Radler sicher auf die Fahrbahn geleitet, das gefährliche Radeln auf der linken Straßenseite ist zwischen Rathausallee und Waldstraße endlich aufgehoben. An der Kreuzung mit der Waldstraße war es früher zu zahlreichen Unfällen gekommen, weil Autofahrer Radler auf der linken Straßenseite „übersahen“. Richtung Süden ist ab Waldstraße der Radweg nur noch in eine Richtung zu befahren. Es bleibt zu hoffen, dass mit dem Umbau die restlichen Abschnitte der nördlichen Ulzburger Straße zwischen Rathausallee bzw. Altem Kirchenweg und dem verkehrsberuhigten Geschäftsbereich bei der Waldstraße die östliche Straßenseite einen ausreichend breiten Gehweg erhält. Bei einer Breite von nur zwei Metern ist der Gehweg für die Mitbenutzung durch Radler ungeeignet. Zudem ist der Gehweg an den Bushaltestellen durch veraltete Busbuchten erheblich eingeschränkt. Die Mindestmaße für einen gemeinsamen Geh- und Radweg werden nicht eingehalten.


Vor dem Umbau

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Rathausallee: Einseitiger Zweirichtungsradweg auf der Westseite

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Alter Kirchweg: Wechsel von der rechten auf die linek Straßenseite


Nach dem Umbau

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Alter Kirchenweg: Radfahrer müssen Richtung norden auf der Ostseite fahren

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Alter Kirchenweg: Engpass an der Bushaltestelle

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Norderstedt, Ulzburger Straße: Engpass neben den Stehzeugen

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Norderstedt, Ulzburger Straße: Engpass neben den Stehzeugen

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Langenharmer Weg: Engpass an der Bushaltestelle

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Norderstedt, Ulzburger Straße: Aufleitung auf die Fahrbahn

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Norderstedt, Ulzburger Straße: Aufleitung auf die Fahrbahn

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Norderstedt, Ulzburger Straße: Nördlich des verkehrsbruhigten Geschäftsbereichs werden Radler auf den vormaligen Stehzeugestreifen geleitet

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Weg am Denkmal: An dieser Kreuzung gilt Richtung norden das Gehwegradeln auf der linken Straßenseite


Umbau kann nicht überzeugen

Die Norderstedter haben sich bei Bürgerbeiteiligung in Planungsworkshops für Fahrbahnradeln bei Tempo 30 entschieden. Der Praxis zeigt, dass diese Regelung nicht allen Radfahrern gerecht wird.
Die neue Radverkehrsführung im ersten umgebauten Abschnitt der Ulzburger Straße kann nicht überzeugen. Zwar wurde das Radeln auf der linken Straßenseite aufgehoben, die hohe Verkehrsmenge in den Spitzenzeiten mit ungeduldigen Autofahrern macht das Fahrbahnradeln selbst bei Tempo 30 nicht unbedingt zum Vergnügen. Eigene Wege für Radler sind weiterhin erstrebenswert. Viele Radler werden sicherlich im neugestalteten verkehrsberuhigten Geschäftsbereich die Gehwege nutzen statt der Fahrbahn. Laut einem Bericht des Abendblatts zweifeln sogar Polizisten an der Sinnhaftigkeit der neuen Radverkehrsführung.



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Norderstedt, Ulzburger Straße / Waldstraße: Mit dem Zweirichtungsradverkehr galt diese Stelle als Unfallschwerpunkt

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Waldstraße Richtung Norden vor dem Umbau

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Waldstraße Richtung Norden nach dem Umbau

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Norderstedt, Ulzburger Straße / Waldstraße nach dem Umbau

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3 Kommentare:

  1. Angehupt oder bedrängt werden würde mich nicht soooo sehr stören...man muss halt möglichst selbstbewusst fahren und ausreichend Abstand zum Fahrbahnrand einhalten.

    Was mich aber an vielen Strassen mit Mischverkehr stört: Man steht häufig zusammen mit den Autofahrern im Stau. Ein Stau, den man selber nicht verursacht hat. Manchmal kann man sich rechts vorbeischlängeln, aber freie und komfortable Fahrt sieht anders aus. Deswegen wären Schutzstreifen ein Minimum...

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    1. "Angehupt oder bedrängt werden würde mich nicht soooo sehr stören."

      Gute Infrastruktur muss aber nicht nur deine und meine Bedürfnisse befriedigen, sondern die der großen Mehrheit. Sonst ist das Ergebnis ein völlig mickriger Radverkehrsanteil und das Rad kann nur einen Bruchteil seines Potentials ausschöpfen.

      Und die große Mehrheit will nun mal weder angehupt noch bedrängt werden, und sie will sich auch nicht die Fahrbahn mit 20.000 Kfz teilen. Also ist das, was wir da sehen eine Fehlplanung.

      Die Fehlplanung ist aber gewissermaßen wertvoll, den sie zeigt sehr schön, dass Tempo 30 allein nicht alle Probleme löst. Bei hohem Kfz-Aufkommen kann Mischverkehr auch bei Tempo 30 ungeeignet sein. Zum einen, weil er die Bedürfnisse der Mehrheit der Radfahrer nicht befriedigt, zum anderen, weil er dich und mich und die Mehrheit in einen Stau zwingt, den wir nicht gemacht haben.

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  2. Bei der Verkehrslage auf der Ulzburger Straße würden schlecht angelegte Schutzstreifen das zu knappe Überholtwerden extrem begünstigen.
    Und ganz richtig: Der Traum des deutschen Radelclubs, Tempo 30 im Mischverkehr würde alle deutschen Radler glücklich machen, scheint nicht aufzugehen.

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