10. April 2015

Langenhorner Chaussee: Ist die Gehwegbenutzungspflicht noch aufzuhalten?

Langenhorner Chaussee: To protect car parking and car traffic cyclists should ride on sidewalks
Aktualisiert um 22:00

© hamburgize.com / Stefan Warda
Langenhorner Chaussee: Die Verkehrsbehörde will den absoluten Vorrang für den Autoverkehr. Radfahrstreifen würden den "Verkehr" behindern

Bezirksversammlung Nord behandelt geplante Gehwegbenutzungpflicht für Langenhorner Chaussee

Nächste Woche Donnerstag wird es eine spannende Sitzung bei der Bezirksversammlung in Hamburg Nord geben. Höhepunkt des Abends wird die Diskussion um den geplanten Umbau der Langenhorner Chaussee sein. Hamburgize.com berichtete schon mehrfach über die Benutzungspflicht für nicht vorhandene "Radwege" entlang der Ausfallstraße Richtung Norderstedt. Immer noch stehen zahlreiche blaue Verkehrszeichen (fast ausnahmslos Verkehrszeichen 237 - Radwegbenutzungspflicht) entlang der Straßenzugs zwischen Erdkampsweg und "Knoten Ochsenzoll", die Radler bislang zum illegalen Gehwegradeln verleiten. Denn reale und benutzbare Radwege sind überwiegend nicht vorhanden - im Gegensatz zu blauen Schildern.


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Fakeradweg Langenhorner Chaussee: Wer Gefahren sucht, der sollte hier durchfahren


Ein engagierter Radfahrer hatte gegen diese Behördenwillkür Widerspruch eingelegt und eine Klage beim Verwaltungsgericht angestrengt. Erst durch diese Klage fühlten sich die Behörden gezwungen das Aussitzen der Problematik zu beenden. Doch nun soll es anders kommen als erwartet: Die Verkehrsbehörde will unter allen Umständen an einem Fahrbahnbenutzungsverbot für Radler festhalten, wie auch an den unverträglich angeordneten Parkplätzen. Das Wundermittel der Planer aus dem Hause des Verkehrssenators Frank Horch ist der Rückbau der Fakeradwege und die Einführung einer Gehwegbenutzungspflicht unter weitgehendem Erhalt der Parkplätze auf dem Gehbord. Die unangenehme Folge: Bei einer Restgehwegbreite von um die drei Meter zwischen legal parkierten Stehzeugen und Grundstückseinfriedungen - je nach Zuschnitt der Hecken, der Einparkfähigkeiten der Fahrzeuglenker und der eingeplanten Gehwegbreite, die variiert - wird es neue Konflikte zwischen Fußgängern, Radfahrern und Stehzeugen geben. Es wird eine neue Kultur des Wegklingels und der Aggression auf dem Gehweg geben, wenn Fußgänger den Gehweg mittig nutzen und Radfahrer Platz einfordern, um zu überholen. Zudem verbessert sich die Situation die Bilanz der Nebenfläche keineswegs. Bisheriger "Radweg" und Gehweg werden einfach zusammengelegt und als Verbesserung verkauft, ohne dass sich die Gesamtbreite nennenswert ändert oder die Gefahren in der Dooringzone abgemildert werden. Fußgänger sollen sich auch daran gewöhnen müssen, dass Radler mit hohem Tempo weit rechts auf dem Gehweg fahren werden, wo die Zugänge zu den Wohnhäusern liegen. Die Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA) sehen für Radverkehr auf einem Gehweg wie an der Langenhorner Chaussee keine Chance.


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Langenhorner Chaussee: Die Stehzeuge sollen ausreichend Platz bekommen nach PLAST, die Fakeradwege verschnwinden, Radler sollen demnächst auf dem Gehweg fahren und Fußgänger jagen


Der bisherige Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof hatte sich gegen Radfahrstreifen in der Langenhorner Chaussee als Ersatz für Fakeradwege ausgesprochen.

Der gesamte Raum würde hierdurch erheblich belasteter und stauanfälliger werden.

Grenzen der beabsichtigten "Fahrradstadt Hamburg" schon erreicht?

Ein Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen in der Bezirksversammlung Hamburg Nord will den autogerechten Umbau der Langenhorner Chaussee verhindern. Es wird nun spannend: Können die Grünen, die in den Koalitionsvertrag für den zukünftigen Senat den Baustein "Fahrradstadt Hamburg" eingebracht haben, die Fehlplanung kippen, oder ist die "Fahrradstadt Hamburg" nur eine nebulöse Absichtserklärung? Denn eigentlich sollen laut dem Koalitionsvertragsentwurf Benutzungspflichten eingeschränkt werden und es dürfe "keine gefährlichen Einmündungen" entlang der benutzungspflichtigen Radwege geben. Außerdem sollen die Radwege bei B-Pflicht eine "hinreichende Breite" haben. Zudem ist von einem "Willkommensklima für den Radverkehr" zu lesen. Davon wäre auf der Langenhorner Chausse nichts zu spüren, wenn Radler demnächst auf Gehwegen Fußgänger wegklingeln sollen.


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Langenhorner Chaussee: Radler sollen zukünftig auf dem Gehweg radeln

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Langenhorner Chausse: In diesem Abschnitt stehen Verkehrszeichen 237 und 315 - allerdings ohne passenden Radweg. Zukünftig soll auf dem Gehweg geradelt werden!!

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Langenhorner Chaussee: Das soll ein benutzungspflichtiger "Radweg" sein (Verkehrszeichen 237 und 315). Zukünftig soll das Verkehrszeichen 240 aufgestellt werden. Ob die Stehzeuge zukünftig schlanker werden?

In südlicher Verlängerung der Langenhorner Chaussee beginnt die Alsterkrugchaussee. Dort wurden die Fakeradwege zwischen Erdkampsweg und Ratsmühlendamm beseitigt, auf Radfahrstreifen geht es seitdem zügig voran. In der Langenhorner Chaussee soll dagegen ein Straßenzuschnitt nach dem Leitbild der autogerechten Stadt bestehen bleiben.


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Vorbild für den Umbau der Langenhorner Chaussee ist die Kieler Straße, wo die Radwege in Parkplätze umgewandelt wurden und Radler vor den Hauseingängen auf dem Gehweg fahren sollen. Im 21. Jahrhundert war eigentlich nicht mehr mit solchen einem Straßenmodell zu rechnen

Am 20. April sollen die Pläne des LSBG zum Umbau der Langenhorner Chaussee beim Regionalausschuss Fuhlsbüttel-Langenhorn vorgestellt werden. Das wäre der erste Termin, zu dem die Pläne einer Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Unzulässige Radwegbenutzungspflichten konnten an zahlreichen Straßen über den Weg der Verwaltungsgerichte mühsam, aber erfolgreich bekämpft werden. In Hamburg hatte es angefangen mit Gertigstraße, Eppendorfer Landstraße und Heussweg. Letzte Beispiele sind u.a. Eppendorfer Baum, Hoheluftchaussee, Lenhartzstraße, Lokstedter Weg und Nedderfeld.


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Beteilige Dich an der Umfrage "Wie möchtest Du zukünftig auf der Langenhorner Chaussee radeln?". Visionär Parkplätze und einige Bäume weg, dafür je Straßenseite Radwege nach Kopenhagener Standard mit 2,2 Metern Breite, oder traust Du Dich auf der Fahrbahn zu radeln? Du hast die Wahl (siehe rechts oben) . . .


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2 Kommentare:

  1. Wenn Radfahrende auf einem Radfahrstreifen (welcher zwar "offiziell" nicht zur Fahrbahn gehört, physikalisch aber schon) fahren, wird "der gesamte Raum erheblich belasteter und stauanfälliger"? Das ist sinnleeres Blah Blah, wenn einem die Argumente ausgegangen sind!

    Radfahrer belasten weder eine Straße, noch die Atemluft, noch den Fußgängerverkehr. "Raum" kann schon gar nicht belastet werden, sondern höchsten beansprucht. Je größer ein Körper, desto mehr wird ein Raum beansprucht. Beansprucht denn ein Radfahrer mehr Raum oder ein Autofahrer?

    Belastet fühlen sich nur Menschen, die aus persönlichen Gründen ein Auto als Fortbewegungsmittel gewählt haben. Mit einem solchen erreicht man in einer Stadt wie Hamburg im Durchschnitt etwa 25 Km/h, im Berufsverkehr deutlich weniger. Welcher Art soll denn da bitte die "Belastung" durch Radfahrer sein?

    Fahrzeuge, also auch Fahrräder, gehören auf die Fahrbahn (§ 2 Absatz1 StVO). Wenn Autofahrer meinen, sie hätten ein Recht auf eine gefühlte höhere Geschwindigkeit (ab und zu für wenige Meter "Gas geben", was an der nächsten Ampel wieder verpufft), ohne dabei die Durchschnittsgeschwindigkeit zu erhöhen, haben sie ein Wahrnehmungsproblem.

    Staus und Belastungen entstehen nicht durch Radfahrer auf der Fahrbahn, sondern durch zu viele Autos auf unseren Straßen! Sonstige Belastungen ebenfalls.

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  2. Interessant:

    Aus der Pressemitteilung des Kreisverbands von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN im Bezirk Hamburg-Nord vom 16. April 2015:

    Gemeinsamer Geh- und Radweg an der Langenhorner Chaussee - Werner-Boelz (GRÜNE): Rot-Grün im Bezirk lehnt Landespläne ab

    Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord beschloss mit großer Mehrheit am Abend, den Senat aufzufordern, an der Langenhorner Chaussee auf die übergangsweise Einrichtung von gemeinsamen Geh- und Radwegen zu verzichten. Einen entsprechenden Antrag hatten SPD und GRÜNE gestellt.

    In seinem Debattenbeitrag begründete Michael Werner-Boelz, Vorsitzender der GRÜNEN Fraktion, warum der Bezirk die Pläne ablehnen solle: „Hauptziel jedes Umbauvorhabens an der Langenhorner Chaussee muss aus Sicht der Bezirkskoalition eine Verbesserung der Sicherheit für alle am Verkehr Teilnehmenden, also auch für Radfahrer und Fußgänger, sein. Ohne Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr kann das vom neuen Senat vorgegebene Ziel von 25% Radverkehrsanteil in Hamburg nicht erreicht werden.

    Der Umgang des Senats mit dem Beschluss der Bezirksversammlung wird zum Testfall dafür, ob Rot-Grün auf Landesebene ein Umsteuern in der Verkehrspolitik ernst meint: Wenn man echte Radverkehrsförderung betreiben will, mit dem klaren Ziel, den Anteil des Radverkehrs am Modal Split auf 25 % zu erhöhen, dann kann man nicht eine Verkehrsplanung vorlegen, die noch vom Leitbild der autogerechten Stadt getragen ist. Die Pläne sollten schnellstmöglich zurückgezogen und so überarbeitet werden, dass alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer einen Nutzen von den Umbauten haben.“

    http://gruene-nord.de/userspace/HH/galnord/Bilder/Fraktion/presse/150416_pm_GRUENE_LangenhornerChausseeRotGruenLehntLandesplaeneAb_web.pdf

    Rot-Grün im Bezirk ist ja ganz schön selbstbewußt. Weiter so!

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