19. März 2015

Verwaltungsgericht: Hamburg muss mehr für die Luftreinhaltung unternehmen

Court: Hamburg's clean air effort is not enough

© hamburgize.com / Stefan Warda


Die ehemalige "Umwelthauptstadt" Hamburg muss mehr als bislang geplant für die Luftreinhaltung unternehmen. Dies hat das Verwaltungsgericht der Stadt Hamburg auferlegt. Brisant ist das Urteil angesichts der Vereinbarung der Grünen und der SPD im Rahmen der Koalitionsverhandlungen, das Urteil des Verwaltungsgerichts anzufechten. Mit der Urteilsanfechtung will die Stadt Hamburg wohl nur noch Zeit gewinnen, bis sie endgültig geeignete und wirksame Maßnahmen ergreift. Die im derzeit gültigen Luftreinhalteplan genannten achtzig Einzelmaßnahmen würden nach einer Selbsteinschätzung der Stadt aber erst ab dem Jahr 2026 zu greifen beginnen. Dies sei für das Verwaltungsgericht aber nicht ausreichend. Die Einhaltung der Grenzwerte müsse schon früher als erst in etwa elf Jahren erreicht werden. Immerhin verstößt die Stadt ja schon seit Jahren gegen die EU-Grenzwerteverordnung, und versuchte sich bislang immer wieder mit Beantragung von Ausnahmegenehmigungen aus der Verantwortung zu ziehen.

Vor allem Dieselfahrzeuge tragen zu der überhöhten Stickstoffbelastung in Hamburg bei. Doch wie soll die Stadt eine zeitnahe Reduktion herbeiführen? Der neue Senat wird mit seiner Verkehrspolitik und der Hinhaltetaktik eine entscheidende Rolle bei der Aufgabenlösung spielen. Kann eine ambitioniertere Förderung des Radverkehrs allein zu einer Lösung beitragen? Es wird wohl auf den Umfang der Maßnahmen und deren Auswirkungen ankommen.

Das Verwaltungsgericht bescheinigte der Stadt, dass der fortgeschriebene Luftreinhalteplan nicht den Anforderungen genügt. Als geeignete Maßnahmen nannte das Gericht einen erhöhten Mitteleinsatz für einen Flottenaustausch des ÖV, des Stadtrundfahrtverkehrs und der Behördenfahrzeuge mit emmissionsarmen oder emmissionsfreien Antrieben. Auch seien die bislang vorgenommen Anstrengungen im Bereich Radverkehr (die Stadt verweist hier auf das StadtRAD) nicht ausreichend ambitioniert gewesen. Konkrete Maßnahmen habe aber die Stadt zu treffen.


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2 Kommentare:

  1. Das war keine Überraschung. Und da das VG Hamburg gleich auch das (lustigerweise nachfolgende) EuGH-Urt. v. 19.11.2014, C-404/13, ECLI:EU:C:2014:2382 (Rs. ClientEarth) in die Entscheidung eingebaut hat, weiß der Senat auch, dass er seine Berufung in die Tonne treten kann. Hamburg kann so noch ein wenig Zeit schinden. Aber das war's dann auch - jedenfalls mit dem derzeitigen Plan(-los). In der Zeitschrift für Umweltrecht schreibt Dr. Remo Klinger eine recht klare Anmerkung zum EuGH-Urteil (ZUR 2015, 37): "...Explizit hervorzuheben sind dabei die Ausführungen in der Rn. 30 der Entscheidung, nach denen zwischen den Grenzwerten für Schwefeldioxid, Blei, Kohlenmonoxid und PM10 einerseits sowie Stickstoffdioxid und Benzol andererseits zu differenzieren ist. Bei Stickstoffdioxid und Benzol dürften die Grenzwerte von den festgelegten Zeitpunkten an „nicht mehr überschritten werden“, was, so der EuGH, einer Ergebnisverpflichtung entspricht. Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Benzol werden durch den EuGH daher als noch bindender angesehen als die für Feinstaub PM10. Vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen Jahren nahezu alle deutschen Großstädte erhebliche Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid feststellen mussten (die vornehmlich aus den Abgasen des Straßenverkehrs resultieren), ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass die bisherigen Maßnahmen, die auch deutsche Kommunen ergriffen haben, unzureichend sind. ...". Die Umwelthauptstadt des bunt bedruckten Papiers (Werbung kann HH ja) wird also in Kürze so richtig an's Kreuz genagelt. Ätsch!

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  2. Stichwort Diesel: der Bundesrat (also auch HH) hat der Europäischen Kommission das verstärkte Besteuern von Dieselkraftstoff nicht gegönnt (siehe Drucksache des Bundesrats 228/11 (B)): "4. Der Bundesrat weist ferner darauf hin, dass die spätestens ab 2023 umzusetzende energieträgerneutrale Besteuerung entsprechend des Energiegehaltes mit einer steigenden Steuerbelastung von Dieselkraftstoff verbunden wäre. Damit würden Anreize für die Anschaffung energieeffizienter Diesel-Kraftfahrzeuge reduziert sowie Mehrbelastungen insbesondere im straßengebundenen Transportsektor verursacht.." Hier ging es vor allem um den Schutz deutscher Autohersteller und des "Wirtschaftsverkehrs.

    Sehen wir und dern Wirtschaftsverkehr mal genauer an:

    http://www.radwegmecker.frank-bokelmann.de/190320151232.jpg (Nr. 1 auf dem Schutzstreifen abgestellt)
    http://www.radwegmecker.frank-bokelmann.de/190320151234.jpg (Nr. 2 bis 4 auf die Bushaltestellen verteilt)
    http://www.radwegmecker.frank-bokelmann.de/190320151231.jpg (es sind wirklich zwei DHL-Fahrzeuge auf 50 Metern)

    DrFB

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