9. November 2012

Critical Mass - Warum gehen Radfahrer in Hamburg auf die Straße?

Critical Mass - Why do cyclists in Hamburg reclaim the street?


TIDE TV [via]

Jeden letzten Freitag im Monat treffen sich zumeist mehr als eintausend Radfahrer in Hamburg, um gemeinsam eine entspannte Fahrt auf Hamburgs Straßen zu geniessen. Doch es geht nicht nur um Genuss, sondern allein die Präsenz soll zeigen, dass Radfahrer in Hamburg Verkehrsteilnehmer sind.

Bessere Bedingungen für Radfahrer als die bislang üblichen Miniholperpisten, die die Behörden und Politiker zumeist "Radwege" nennen, lassen noch auf sich warten. Zumindest sollen nach und nach weitere Radwegbenutzungspflichten aufgehoben werden. Ohnehin sind viele der selbst benutzungspflichtigen "Radwege" unbenutzbar. Hamburgs Behörden und Politiker dulden stillschweigend, dass die Mehrzahl der Radler neben den unbenutzbaren "Radwegen" illegal auf angrenzenden Gehwegen fahren. Nur ein geringer Teil der Radler traut sich auf die Fahrbahnen auszuweichen.

Das Verständnis für die verfahrene Situation um die Bedingungen für Hamburgs Radfahrer ist noch lange nicht in allen Teilen der Bevölkerung angekommen. Leserbriefkommentare im Abendblatt auf die Ankündigung der Aufhebung weiterer Radwegbenutzungspflichten zeigen das Dilemma.
Wenn die Fahrradfahrer mehr die Fahrbahn benutzen dürfen, dann müssen sie sich aber im Verkehr auch wie Autofahrer verhalten. Pflicht müssten auf jeden Fall eine gelbe Weste oder blinkender Gurt und Helm mit Beleuchtung werden. Das dient doch allein ihrer Sicherheit! Ab 16 Uhr wird es dunkel, und wenn es dann regnet, ist es selbst einer umsichtigen Autofahrerin wie mir manchmal unmöglich, einen Radfahrer, der mich überholt, wahrzunehmen!
Als ich den Bericht über den Wegfall der Radwegbenutzungspflicht für Radfahrer gelesen hatte, dachte ich, ich wäre im falschen Film. Ich als Radfahrer bin froh, wenn ich nicht auf der Straße fahren muss, wo die Autofahrer scharf an mir vorbeifahren - ohne Sicherheitsabstand - da ja Gegenverkehr oder Verkehr in der zweiten Reihe herrscht. Wenn der Sicherheitsabstand eingehalten wird, bin ich als Radfahrer ein Verkehrshindernis - ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Außerdem wurde vor ein paar Wochen noch über den schlechten Zustand der Radwege lamentiert; dieses Problem würde sich dann erledigen. Eine logische Schlussfolgerung der Argumentation, dass Radfahrer auf Radwegen beim Abbiegen von Autofahrern häufig übersehen werden, wäre das Ausweichen der Fußgänger auf die Straße, damit auch sie beim Abbiegen nicht übersehen werden.
Autofahrer müssen zukünftig z.B. auch auf der Hoheluftchaussee, der Grindelallee und der Holstenstaße mit Radfahrern auf der Fahrbahn rechnen, so die Pläne der Verkehrsdirektion.


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8 Kommentare:

  1. Jetzt in der dunklen Jahreszeit fahre ich wie eine Christbaumbeleuchtung auf der Fahrbahn. Allerdings wird sich die Ignoranz und die Einstellung mancher Autofahrer ggü. Fahrradfahrern auch bei bester Sicherheitsausrüstung nicht ändern.

    Die Radwege meide ich nun noch viel mehr, da sie im Herbst vor allem bei Nässe arg gefährlich sind. Auf unachtsam kreuzende Fussgänger & Geisterfahrer reagiert man ja fast schon hellseherisch.

    Meinungen mancher Radfahrer, die sich noch immer auf den Radwegen sicherer fühlen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiss nicht was daran sicherer ist, ständig, irgendwelchen Hindernissen auszuweichen oder nicht gesehen zu werden. ** adequa **

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  2. Heute Morgen auf meinem Weg zur Arbeit, Kreuzung Siemersplatz, Richtung Stellingen: Auf dem benutzungspflichtigen Radweg, schon halb über die Kreuzung, näherte ich mich der anderen Straßenseite, wo noch eine extra Rechtsabbiegerspur über "meinen" Radweg und ein Zebrastreifen führt. Autofahrer sind dort wartepflichtig. Von rechts nähert sich ein großer Lkw auf dieser Abbiegerspur, er konnte mich nicht übersehen und ich dachte, er lässt mich durch. Falsch gedacht, er fuhr bis zum Ende der Spur vor und wartete dort, bis er weiter fahren konnte. Damit versperrte er vollständig sowohl den Radweg, als auch den Zebrastreifen.

    Also wechselte ich in einer Lücke auf die Fahrbahn. Dieselbe Lücke nutzte aber auch der Lkw! Den Radfahrer auf der Fahrbahn (mich) beachtete er nicht, obwohl ich Vorfahrt hatte. Er fuhr mir direkt vor's Rad. Hätte ich nicht scharf abgebremst, hätten mich seine Zwillingsreifen platt gemacht. Aber es ging noch weiter.

    Großes Hupkonzert hinter mir, ein Kleinlaster schließt auf, der Fahrer pöbelt wutentbrannt: "Ey, da is'n Radweg!". Meine Meinung dazu wollte er gar nicht hören. Aber nicht nur der Lkw versperrte den Radweg, sondern 100 Meter weiter stand noch ein Krankentransporter (ohne Sonderrechte!) auf dem Radweg und nochmals 50 Meter weiter ein Pkw. Der Radweg war also gleich mehrfach unbenutzbar - durch Kraftfahrzeuge! Ich befuhr also völlig legal die Fahrbahn, die übrigens wenige Meter weiter durch einen Lkw der Stadtreinigung vollständig versperrt wurde. Dieser wurde komischerweise nicht angehupt...

    Dieses Erlebnis (alles andere, als ein Einzelfall) zeigt deutlich, dass ein Teil der Autofahrer nicht begriffen hat - und es vor Allem nicht begreifen will -, dass die Fahrbahn nicht ihnen allein gehört. Es herrscht zum Teil eine unglaubliche Aggressivität vor, wenn Radfahrer die Fahrbahn befahren. Rote Ampeln, die Müllabfuhr, haltende Taxis, selbst Lieferanten werden als "Verkehrshindernis", wenn auch zähneknirschend, akzeptiert. Nur Radfahrer scheinen in einigen Autofahrerköpfen einen Urinstinkt auf Verteidigung des "Reviers" auszulösen. Auch sie werden lernen müssen umzudenken.

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    1. Der Siemersplatz ist aber auch keine schöne Gegend zum Rad fahren. Ich beneide Dich nicht um diesen Arbeitsweg. Die freien Rechtsabbieger dort sind eine extreme Schikane. Auf engstem Raum werden dort Radfahrer und Fußgänger auf den Inselchen im Autoverkehrsstrom zusammengepfercht und behindern sich im Kreuzungsbereich gegenseitig, nur um den Vorteil des absoluten Autoverkehrsvorrangs.
      Andere Städte bauen seit einigen Jahren solche freien Rechtsabbieger wieder zurück, für Hamburger Verhältnisse ist der Umbau am Knoten Steintorwall / Steintorbrücke schon eine Wohltat

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    2. Was für eine schreckliche Kreuzung.
      Die Autofahrer widersprechen sich selbst. Einerseits sollen Radfahrer nach deren Auffassung ja schön auf den Radwegen fahren, andererseits wird das durch bspw. zugeparkte Wege diesen nicht ermöglicht. Was für ein Pech, dann muss man halt auf die Fahrbahn wechseln. Leider gibt es noch zu viele Radfahrer, die die Mißstände als gegeben hinnehmen. Da muss noch viel mehr Durchsetzungsvermögen in den Köpfen trainiert werden. ** adequa **

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    3. Viele Autofahrer eignen sich mit schnell steigender Anzahl ein faschistoides Gedankengut und Verhalten an. Dummkopf Rammsauers Radler - Gepöbel hat mit Sicherheit dazu beigetragen. Selbst in der Kleinstadt Itzehoe gehören Verstöße wie schneiden, Nehmen der Vorfahrt, Pöbeleien und krankhaftes Hupen gegen Fahrradfahrer auf der Straße - selbst wo es keinen Radweg gibt - zur Tagesordnung. Einen von denen habe ich mal nahegelegt, einen Nachschulung zu machen. Daraufhin hat er mich bis vor die Haustür verfolgt, um mich zu verprügeln. In meinen Augen ist das Fascho - Terror.

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  3. Stimmt, auf dem Siemersplatz, insbesondere beim freien Rechtsabbieger, sind Radfahrer und Fußgänger ungeliebte, dauergefährdete Randgruppen, die aber dummerweise auch ein Recht auf Fortbewegung haben. Einzig die Bettelampeln sind nach dem letzten Umbau verschwunden.

    Im Rahmen der Busbeschleunigung wird demnächst der Siemersplatz nochmals(!) umgebaut. Schau'n wir mal, wie's wird... Sollte der Radverkehr nach dem Umbau noch immer gezwungen werden, auf diesen aberwitzigen "Radwegen" zu fahren, werde ich dagegen Widerspruch einlegen und ggf. klagen.

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  4. Max-Brauer-Allee, taghell, normaler Verkehr, GAR KEIN Radweg (am Gericht). Meine Frau (auf dem Rad) um Haaresbreite mit dem Spiegel verfehlt. An der Kreuzung zur Rede gestellt kurbelt die Frau das Fenster runter und sagt: "ICH kann fahren!". Bei grün prescht sie los und schnippelt so gleich nochmal an den Radlern vorbei.
    Einzelfall? Alltag! Ich selbst bin dort schon zweimal mit dem Spiegel gestriffen worden. Dank Routine und Akrobatik ist mir nichts passiert. Eine Anzeige ist im Nirvana verschwunden, weil mein Zeuge (selber Radler) abgesprungen ist: "Ich hab da kein gutes Gefühl".
    Ich habe die (baulichen) Gefahrenstellen (Pfeiler unter der Sternbrücke und falsch aufgestellte, verdrehte bzw. beklebte Beschilderungen) bei Detlev Gündel (BWVI) gemeldet, einschliesslich Verbesserungsvorschlägen usw.
    Reaktion: Ein paar Tage später haben orangene Männchen die Aufkleber von den (immer noch falsch oder sinnlos stehenden) Schildern abgefummelt. Das war's.

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  5. und dann nochwas zum Thema Sicherheitsgefühl auf dem "Radweg": Das ist aktuell das allergrößte Problem, dass hier die Wahrnehmungen so weit auseinander gehen und dass wir (Radler) uns dann (zur Befriedigung der Betonköpfe) gegenseitig in die Pfanne hauen: Da müssen wir dringend Lösungen finden und wieder mehr mit einer Stimme sprechen.
    …und zum Thema Blinklichter: Bitte lasst das sein! Nutzt konstantes Licht (und an viele da draussen: Nutzt ÜBERHAUPT mal Licht!)! Das ist nicht bloss eine hohle Vorschrift, sondern mach Sinn:
    Die Blinklichter sind zwar wahrnehmbar, aber meistens ganz schwer zu orten: Entfernungen und Positionen werden damit insbesondere "aus dem Augenwinkel" total falsch eingeschätzt. Das konnte ich mir z.B. diesen Sommer bei den Nachtfahrten bei Rad am Ring in aller Ruhe anschauen: Da war nämlich alles dabei, was der Leuchtenmarkt hergibt.

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